Nürburg Polizei unterbricht "Rock am Ring"

Nürburg · Das von Zehntausenden Fans besuchte Musikfestival ist gestern Abend wegen Terrorgefahr unterbrochen worden. Ohne große Aufregung verließen die Besucher das Gelände. Ob das Festival heute in Nürburg weitergeht, ist noch unklar.

Der Auftritt der Band Rammstein sollte am Eröffnungsabend der erste Höhepunkt beim diesjährigen "Rock am Ring Festival" sein. Doch es kam ganz anders: Freitagabend gegen 21 Uhr machten Lautsprecherdurchsagen die Vorfreude Zehntausender Fans jäh zunichte. "Aufgrund einer akuten terroristischen Gefährdung wird das Festival für heute abgebrochen. Wir hoffen, dass es morgen weitergeht. Bitte begebt euch zu den Ausgängen. Eure Schutzengel", hörten die Fans auf dem Festivalgelände.

Eher erstaunt als geschockt reagierten die Festivalbesucher, von denen viele gerade noch das Konzert der Broilers besucht hatten. Weder Pfiffe noch Buh-Rufe waren zu hören, ganz ruhig bewegten sich die Massen zu den Ausgängen. Bereits eine halbe Stunde nach den ersten Durchsagen war das Gelände geräumt, wie Veranstalter Marek Lieberberg berichtete. "Unser Publikum hat fantastisch reagiert." Knapp 90.000 zumeist junge Menschen wurden erwartet, das dreitägige Festival ist ausverkauft.

Was genau die terroristische Bedrohungslage auslöste, blieb zunächst unklar. Als Lieberberg, ein erfahrener Musikpromoter und schon seit Jahrzehnten ein Schwergewicht in der Branche, vor die Presse trat, war er sichtlich aufgebracht. Er sprach von Vermutungen, davon, dass ein Mitarbeiter, der im Vorfeld des Rock-Festivals mit dem Aufstellen von Zäunen beschäftigt gewesen war, verdächtig sei.

Dieser habe, so hieß es von Lieberberg, nicht zweifelsfrei identifiziert werden können. "Ich fühle mich entsetzlich leer und ausgepowert", sagte Lieberberg. "Ist das das Ergebnis unserer wehrhaften Demokratie? Was wird als nächstes abgesagt?"

Die Koblenzer Polizei hielt sich am Abend bedeckt zu den Hintergründen. Sie wollte gestern auch nichts dazu sagen, ob das Festival heute fortgesetzt werden kann. "Es gibt kein zeitliches Gerüst, wann wir das Gelände wieder freigeben."

Der Anschlag auf ein Konzert in Manchester am 22. Mai, als sich ein Attentäter im Eingangsbereich in die Luft sprengte und 22 Menschen mit in den Tod riss, hat auch in Deutschland die Konzertbranche noch einmal aufgeschreckt. Die Terrorgefahr war zwar allgegenwärtig, aber das Attentat verdeutlichte erneut, dass es keine absolute Sicherheit geben kann. Auch für das Festival "Rock am Ring" waren deshalb die Sicherheitsbedingungen noch einmal auf den Prüfstand gestellt worden. Gründliche Einlasskontrollen waren angekündigt, die Polizei mobilisierte mehr als 1200 Beamte, die für die Sicherheit der Festivalbesucher sorgen sollen.

Es ist nicht das erste Mal, dass "Rock am Ring" abrupt zu Ende gehen musste: Im vergangenen Jahr wurde das Festival wegen Blitzschlägen und zahlreichen Verletzten nach dem zweiten Tag abgebrochen. Mit der Entscheidung 2016 hatte Marek Lieberberg gehadert, wie er damals im RP-Interview sagte. Eine Unterbrechung wegen Terrorgefahr allerdings gab es noch nie.

Am Freitagabend, nach dem Festival-Abbruch, kursierten über den Kurznachrichtendienst Twitter Videos, die singende Rockfans zeigten, die auf dem Weg in ihre Zelte und Unterkünfte waren. Ein Song der Band Geier Sturzflug war von vielen Besuchergruppen auf dem Zeltplatz zu hören: "Eins kann mir keiner nehmen, und das ist die pure Lust am Leben."

(RP/tobi)
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