NSU-Prozess Zeuge räumt Kontakt mit Uwe Mundlos im Untergrund ein

München · Der Betreiber eines Szeneladens in Chemnitz hat am Donnerstag als Zeuge im NSU-Prozess eingeräumt, mit dem mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos befreundet gewesen zu sein. Er habe den Kontakt auch nach dem Abtauchen des NSU-Trios in die Illegalität aufrechterhalten.

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Foto: dpa, Frank Doebert

Uwe Böhnhardt und die Hauptangeklagte Beate Zschäpe habe er dagegen nur flüchtig "vom Sehen" gekannt, sagte der Zeuge vor Gericht. Zschäpe und der Zeuge warfen sich während der Befragung immer wieder Blicke zu. In Verhandlungspausen zeigte sich die Angeklagte ungewöhnlich gut gelaunt und war mehrmals lachend zu sehen.

Die Anklage wirft ihr eine Tatbeteiligung an der überwiegend rassistisch motivierten Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) und zwei Sprengstoffanschlägen vor. Mundlos und Böhnhardt nahmen sich nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft im November 2011 das Leben.

Am Ende der Verhandlung gab es einen Zwischenfall. Ein Zuschauer ging zu einem Journalisten, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm dessen Privatadresse zu, versehen mit der Bemerkung: "Alles klar?". Justizwachleute stoppten den Mann am Ausgang und nahmen seine Personalien auf. Er habe sich über Berichte des Journalisten geärgert, sagte der Zuschauer. Der Reporter der Chemnitzer "Freien Presse" erklärte am Nachmittag auf Anfrage, er habe Strafanzeige gestellt. Die Polizei habe angekündigt, den Staatsschutz einzuschalten.

Kontakt soll um das Jahr 2000 abgebrochen sein

Der Zeuge sagte in seiner Vernehmung, er habe das spätere NSU-Trio Mitte der 90er Jahre kennengelernt. Er habe Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt auf Veranstaltungen und Konzerten in Chemnitz getroffen und gelegentlich auch in Thüringen besucht. Mit Mundlos habe er sich angefreundet. Bei dieser Freundschaft sei es auch nach 1998 geblieben, nachdem das Trio aus Jena verschwunden und bei Gesinnungsgenossen in Chemnitz untergetaucht war. Erst um das Jahr 2000 herum sei der Kontakt abgebrochen.

Einmal habe er Mundlos in einer Chemnitzer Wohnung besucht und ihn gebeten, eine Grafik für ein T-Shirt-Motiv für ihn zu überarbeiten. Dabei handelt sich um eine Abwandlung der Comicfigur Bart Simpson, die als Skinhead nachgezeichnet und in der rechten Szene als "Skinson" bekanntwurde. Diese Zeichnung tauchte auch in mehreren rechtsextremen Untergrundzeitschriften auf.

Der Zeuge räumte ein, eine Plattenfirma gegründet zu haben, die 2010 — ein Jahr vor dem Auffliegen des NSU — das Lied "Dönerkiller" publizierte. Er habe sein Label aber 2003 verkauft und wisse nicht, wie das Lied entstanden sei. In dem Text wird die Serie der Morde an türkischen und griechischen Gewerbetreibenden besungen. Zu dieser Zeit rätselte die Polizei noch, wer die Täter gewesen sein könnten. Die Plattenfirma gebe es bis heute, sagte der Zeuge. Sie habe ihren Sitz in Räumen, die ihm gehörten und die er dem neuen Betreiber vermiete.

(dpa)
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