Angeklagter Carsten S. im NSU-Prozess "Scheiben von Dönerbuden eingeworfen"

München · Der 33-jährige Angeklagte Carsten S. hat am Mittwoch am sechsten Tag des NSU-Prozesses weitere Details aus seiner rechtsextremen Vergangenheit preisgegeben. Er habe mit seiner Clique die Scheiben von Dönerständen eingeworfen und einmal zwei Männer zusammengeschlagten, sagte der Düsseldorfer.

NSU-Prozess: Beobachtungen am dritten Tag
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Er erinnere sich, "dass ich auch einmal zugetreten habe oder zweimal - ich weiß es nicht mehr", sagte der 33-Jährige am Mittwoch.

Carsten S. hat bereits zugegeben, eine Pistole für die mutmaßlichen NSU-Terroristen besorgt zu haben - vermutlich die "Ceska", mit der neun Geschäftsleute ausländischer Herkunft ermordet wurden.

Er habe nach dem Untertauchen von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Auftrag des Mitangeklagten Ralf Wohlleben und eines anderen Rechtsextremen Kontakt gehalten, sagte Carsten S. Die drei hätten Hilfe gebraucht, "und ich kann helfen". Zu den Dreien habe er davor "gar kein Verhältnis" gehabt, er habe sie kaum gekannt.

Zehn Morde, zwei Bombenanschläge

S. besorgte die Waffe für das Trio nach eigener Aussage im März oder April 2000. Das Geld dafür habe er von dem ebenfalls in München angeklagten Ralf Wohlleben bekommen, sagte er vor Gericht. Seiner Erinnerung nach sei der Wunsch nach der Waffe von den verstorbenen mutmaßlichen NSU-Mitgliedern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gekommen.

Dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), zu dem auch Zschäpe gezählt haben soll, werden zehn Morde, zwei Bombenanschläge und fünfzehn Banküberfälle zur Last gelegt.

Der mutmaßliche NSU-Helfer Carsten S. fragte nach eigenen Angaben nicht nach dem Zweck der Waffe. Er habe sich auch keine Gedanken gemacht. Er habe in Bezug auf Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe ein "positives Gefühl" gehabt und dass "nichts Schlimmes" passieren würde. Er habe sie als "die drei armen Verfolgten" gesehen, denen er helfen müsse.

S. sagte sich nach Auffassung der Ermittler mittlerweile glaubhaft vom Rechtsextremismus los. Vor Gericht sagte er dazu, er sei erstmals als Lehrling mit rechtsradikalen Ideen in Berührung gekommen. Im Jahr 1997 nahm er demnach etwa an einer NPD-Demo teil. Im Jahr 2000 stieg er nach eigener Darstellung aus der rechten Szene aus.

Vor der Aussage von S. hatte die Verteidigung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Zschäpe die Einstellung des Verfahrens beantragt. Anwältin Anja Sturm begründete dies unter anderem damit, dass es durch Vertreter des Staates eine "beispiellose Vorverurteilung" ihrer Mandantin gegeben habe. Die Bundesanwaltschaft forderte, den Antrag als "unbegründet" abzulehnen.

Vor dem OLG müssen sich neben Zschäpe vier mutmaßliche NSU-Helfer verantworten. Die Hauptangeklagte Zschäpe will sich in dem Prozess nicht zu den Vorwürfen äußern. An den ersten vier Prozesstagen war es wegen einer Flut von Anträgen noch nicht zur Vernehmung der Angeklagten gekommen.

(dpa/jco/csi/das)
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