Streit um Sitzvergabe im NSU-Prozess Özoguz sorgt sich um Deutschlands Ansehen

Berlin · Im Streit um die Presse- und Gästeplätze im Prozess zur Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) hat sich die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz besorgt um das Ansehen Deutschlands geäußert.

Zahlen und Fakten zum NSU-Prozess
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Foto: dpa, kne lof sja fdt

"Es sind acht Türkischstämmige und ein Griechischstämmiger von Neonazis ermordet worden. Dass ausländische Medien großes Interesse haben und die Welt auf Deutschland schaut, wie wir damit umgehen — das ist naheliegend", sagte Özoguz unserer Redaktion. Der NSU-Prozess sei die Chance, sichtbar zu machen, dass Deutschland dagegen mit aller Entschlossenheit und Sorgfalt vorgehe. Der Auftakt dazu sei "sehr unglücklich" gelaufen. "Dieser Streit schadet dem Ansehen Deutschlands."

Das Oberlandesgericht München hatte die 50 Presseplätze im Gerichtssaal an diejenigen Medien vergeben, die sich zuerst angemeldet hatten. Die türkischen Medien gingen leer aus. Die Zeitung "Sabah" reichte dagegen Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Der NSU-Prozess soll am 17. April beginnen. Hauptangeklagte ist Beate Zschäpe, der Mittäterschaft bei den Morden vorgeworfen wird.

Die SPD-Vize-Chefin Özoguz übte auch Kritik am Gericht: "Bedauerlich ist, dass das Oberlandesgericht München in der Streitfrage um die Zuschauerplätze derzeit tatenlos zuschaut", sagte sie. Der deutsche Richterbund verwahrte sich gegen Kritik. Der Vorsitzende Christoph Frank beklagte, die Anwürfe gegen ein unabhängiges Gericht hätten eine Qualität erreicht, die "nicht mehr hinnehmbar" sei.

Auch muslimische Vertreter fordern unterdessen, den Prozess persönlich beobachten zu können. "Um dem Eindruck zu widersprechen, das Gericht habe etwas zu verbergen, ist es sinnvoll, dass türkische Medienvertreter und der Botschafter des Landes vor Ort präsent sein wollen", sagte der Vorsitzende des Koordinierungsrates der Muslime, Ayman Mazyek.

Im Zusammenhang mit dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße tauchen unterdessen neue Fragen auf. Das ZDF berichtet, unmittelbar nach der Explosion im Jahr 2004 seien zwei Polizeihauptkommissare am Tatort erschienen. Zufall? Oder lagen der Polizei etwa konkrete Hinweise darauf vor, dass etwas passieren würde? Die CDU-Fraktion im Landtag verlangt jetzt von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) Auskunft über den Einsatz. Theo Kruse, Innenexperte der Union, sprach von einem "merkwürdigen" Vorgang.

(qua/gmv)
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