Aufregung um "Fall Jule" NSU-Prozess: Wohllebens Freundin war Informantin

München · Die damalige Freundin des NSU-Helfers Ralf Wohlleben ist vom Thüringer Verfassungsschutz als Quelle abgeschöpft worden. Sie hatte aber laut Informationen aus Sicherheitskreisen in Thüringen nicht denselben Status wie V-Leute. SPD und Linke sind entsetzt, Verfassungsschützer wiegeln ab und verweisen auf längst bekannte Akten.

 Ralf Wohlleben im Münchener Gerichtssaal.

Ralf Wohlleben im Münchener Gerichtssaal.

Foto: ap

In einer schriftlichen Mitteilung bestätigte das Landesamt am Montag entsprechende Berichte der "Stuttgarter Zeitung" und der "Berliner Zeitung", wonach die damalige Freundin Wohllebens dem Nachrichtendienst Informationen gab.

Allerdings seien die Untersuchungsausschüsse von Bundestag und Thüringer Landtag darüber anhand entsprechender Akten seit längerer Zeit unterrichtet.

Wohlleben galt als einer der wichtigsten Unterstützer des Trios nach dessen Untertauchen 1998. Er ist im Münchner NSU-Prozess mitangeklagt. Laut Thüringer Verfassungsschutz sind die Unterlagen über den sogenannten Fall Jule bereits bekannt. Dabei handele es sich nicht um neu entdeckte Akten, teilte die Behörde am Montag mit. Die Dokumente seien in den ersten drei Ordnern gewesen, die den U-Ausschüssen zur Verfügung gestellt worden seien.

Und die lägen den Untersuchungsausschüssen in Bundestag und Thüringer Landtag "seit mehr als einem Jahr vollständig und in ungeschwärzter Form vor". "Es ist somit falsch, wenn in Medienberichten erklärt wird, dass die Untersuchungsausschüsse falsch unterrichtet worden seien", hieß es.

Quittungen liegen vor

Den Berichten zufolge fand der Bundestags-Untersuchungsausschuss mehr als zehn Quittungen der Frau, die 1998 und 1999 Informationen als "Gewährsperson" geliefert habe. Damals organisierte Wohlleben nach bisherigen Erkenntnissen unter anderem Geld, Kontakte und Waffen. Polizisten hatten Kontaktversuche des Verfassungsschutzes zu seiner Freundin geschildert. Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe werden mindestens zehn Morde sowie mehrere Banküberfalle zur Last gelegt. Das Trio war nach einer Durchsuchung mehrerer Garagen, die es gemietet hatte, am 26. Januar 1998 in Jena untergetaucht.

Die Vorsitzende des Thüringer Untersuchungsausschusses, Dorothea Marx (SPD), nannte es eine "Frechheit", dass der Ausschuss nichts von der Sache erfahren habe. Der Ausschuss habe mehrmals gezielt nach Informanten gefragt, sagte Marx. "Wir haben Informationen über diese Frau nicht bekommen. Man hätte sie uns zur Verfügung stellen müssen." Die Obfrau der Linken im U-Ausschuss, Martina Renner, sagte, hier werde an zentraler Stelle gemauert, gelogen und vertuscht.

Auch die Unabhängige Untersuchungskommission für Thüringen erwähnt die Frau mit dem mutmaßlichen Decknamen "Jule" nicht. Außer zwei V-Leuten nennt sie nur noch die Gewährspersonen "Tristan" und Alex" sowie "Gelegenheitsinformanten, die jedoch alle eine untergeordnete Rolle spielten".

(dpa)
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