NSU-Prozess Böhnhardt-Bruder bestreitet Kontakt zu Terrorzelle

München · Der Bruder des mutmaßlichen NSU-Mörders Uwe Böhnhardt hat im NSU-Prozess in München ausgesagt und jeglichen Kontakt zu den untergetauchten Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" bestritten.

 Jan Böhnhardt, der Bruder des verstorbenen NSU-Mitglieds Uwe Böhnhardt, läuft über den Flur zum Gerichtssaal A101 im Oberlandesgericht in München.

Jan Böhnhardt, der Bruder des verstorbenen NSU-Mitglieds Uwe Böhnhardt, läuft über den Flur zum Gerichtssaal A101 im Oberlandesgericht in München.

Foto: dpa, kne kno

Dass Uwe "reingerutscht ist in die Szene" habe er zwar bemerkt, "aber ich habe nicht mitbekommen, dass es so schlimm war", sagte er am Mittwoch als Zeuge im NSU-Prozess. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe habe er als Freundin seines Bruders kennengelernt. Dass auch sie zur rechten Szene gehörte, habe er erst später mitbekommen. Er habe sogar gehofft, sie könne seinen Bruder von diesem Umgang abhalten.

Er habe mit Uwe bis zu dessen Abtauchen in die Illegalität 1998 immer ein gutes Verhältnis gehabt, sagte der Bruder. Er selbst habe aber nie zur Szene dazugehört. Wenn Uwe ihn in seiner Wohnung besuchte, habe er die Springerstiefel ausziehen müssen. Dass er rechtsradikale Musik hörte, habe er gewusst.

Davor beschäftigte sich das Gericht mit einem Unterstützer, der Mietverträge für konspirative Wohnungen des NSU-Trios unterschrieben hatte, darunter auch für die letzte Fluchtwohnung in Zwickau. Der mutmaßliche Helfer verweigerte zwar die Aussage, das Gericht behalf sich aber damit, einen Kriminalbeamten zu befragen, der ihn verhört hatte.

Demnach hatte der Mitangeklagte André E. den Mann an Uwe Mundlos vermittelt, der sich als "Max" vorstellte. Mit "Max" habe er alle Details vereinbart, etwa, dass er als Haupt- und das Trio als seine Untermieter auftreten. Die Klarnamen der Terroristen wusste er nach Einschätzung des Polizisten nicht. Böhnhardt habe er nur als "Gery" und Zschäpe als "Lise" gekannt. Dass das Trio im November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach aufflog, habe der Helfer ebenfalls von André E. erfahren, der ihn anrief und mitteilte, dass "es eine Explosion in dem Haus gegeben hat. Das Ding war hin. Kaputt".

André E. geriet am Mittwoch zusätzlich ins Visier der Nebenkläger-Vertreter, die die Hinterbliebenen der NSU-Opfer vertreten. Sie forderten in einem Beweisantrag, mehrere Ausgaben einer mutmaßlich von ihm mitverfassten Untergrundzeitschrift als Beweismittel zu verlesen und mehrere Zeugen dazu zu vernehmen. Darin gehe es um die theoretischen Grundlagen des NSU, sagten die Anwälte Seda Basay und Yavuz Narin. "Der NSU war von einem dichten Netz von Anhängern umgeben", heißt es in dem Antrag. Dazu zählten Gruppen wie "Blood & Honour", die militanten "Hammerskins" oder die von André E. und seinem Zwillingsbruder gegründete "Weiße Bruderschaft Erzgebirge".

In den Heften, die aus dem Jahr 2000 stammten, werde zu einem "Racial Holy War" aufgerufen, einem "Rassischen Heiligen Krieg". Propagiert werde ein "bewaffneter Kampf in führerlosen Zellen" und zur Tötung von Angehörigen "minderwertiger" Rassen aufgerufen. Finanzieren sollten sich die Zellen mit Banküberfällen. Die Beschreibung gilt den Nebenklägern als Blaupause für das spätere Vorgehen des NSU.

Am Donnerstag wird ein weiterer Szenezeuge vernommen, der mutmaßliches Mitglied der "Hammerskins" war. Fragen nach dieser Gruppe hatte er bei seiner letzten Vernehmung nicht beantwortet, worauf der Vorsitzende Richter ihm eine Ordnungsstrafe androhte.

(dpa)
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