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Wie es im NSU-Prozess weitergeht Beate Zschäpe muss sich erklären

München · Es ist der 128. Verhandlungstag im NSU-Verfahren, als bekannt wird, dass die Hauptangeklagte das Vertrauen in ihre Anwälte verloren hat. Nun muss sich Beate Zschäpe zu den Gründen äußern, warum sie ihre Pflichtverteidiger loswerden will – bis 14 Uhr am heutigen Donnerstag. Doch noch ist offen, ob sie wirklich neue Verteidiger bekommen wird. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den Entwicklungen im Münchner Prozess.

NSU-Prozess: Beate Zschäpe vor Gericht
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Es ist der 128. Verhandlungstag im NSU-Verfahren, als bekannt wird, dass die Hauptangeklagte das Vertrauen in ihre Anwälte verloren hat. Nun muss sich Beate Zschäpe zu den Gründen äußern, warum sie ihre Pflichtverteidiger loswerden will — bis 14 Uhr am heutigen Donnerstag. Doch noch ist offen, ob sie wirklich neue Verteidiger bekommen wird. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den Entwicklungen im Münchner Prozess.

Vor dem Oberlandesgericht München sagt seit einigen Tagen der Rechtsextremist und jahrelange V-Mann Tno Brandt aus. So auch am Mittwoch. Als seine Befragung nach der Mittagspause fortgesetzt werden soll, verzögert sich jedoch der neuerliche Beginn der Verhandlung. Schließlich betritt Richter Manfred Götzl den Saal und gibt bekannt: Beate Zschäpe habe einen der Polizisten im Saal gebeten, ihm mitzuteilen, "dass sie kein Vertrauen mehr in ihre Verteidiger habe". Er fragt daraufhin die Angeklagte noch einmal, ob dies richtig sei, sie nickt.

Warum will Zschäpe ihre Verteidiger loswerden?

Über die Gründe ist bislang noch nichts bekannt. Zschäpe soll sich bis 14 Uhr am heutigen Donnerstag dazu äußern. Es wird vermutet, dass das Mitglied des NSU aussagen will. Ihre Verteidiger aber hatten ihr bislang immer dazu geraten, zu schweigen. Zschäpe selbst aber hatte nach ihrer Festnahme erklärt, dass sie sich nicht gestellt habe, um zu schweigen. Auch die Pressesprecherin des Gerichts, Andrea Titz, sagt am Donnerstag, dass Zschäpe offenbar aussagen wolle, wie die "Frankurter Allgemeine Zeitung" schreibt. Das könne man zumindest aus ihren mündlichen Äußerungen entnehmen, die am Mittwoch wiedergegeben worden seien.

Der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Vertreter der Nebenklage, geht davon aus, dass Zschäpe damit auf die schwindenden Chancen im Verfahren reagiert. "Ich sehe die Anklageschrift der Bundesanwaltschaft nach 128 Verhandlungstagen voll bestätigt", sagte er dem "Kölner Stadtanzeiger". "Die Anklage als Möderin ist richtig. Zschäpe muss richtigerweise davon ausgegangen sein, dass es auf eine Verurteilung hinausläuft", sagt Daimagüler und fügt noch hinzu: "Ich glaube, dass die Befragung von Tino Brandt das Fass zum Überlaufen brachte." Brandt hatte ausgesagt, dass Zschäpe in der rechten Szene in Thüringen als "keine dumme Hausfrau" wahrgenommen worden sei.

Von wem wird die Angeklagte derzeit vertreten?

Es handelt sich um die beiden Kölner Anwälte Wolfgang Heer und Anja Sturm sowie den Koblenzer Strafverteidiger Wolfgang Stahl. Sie sind Pflichtverteidiger, also vom Staat gestellt, denen Zschäpe selbst nicht das Mandat entziehen kann, sondern nur um eine Entpflichtung bitten kann.

Wie groß ist die Chance, dass Zschäpes Anwälte entpflichtet werden?

Das ist das große Fragezeichen der Stunde, da der Prozess schon ziemlich weit fortgeschritten ist. Schon seit 14 Monaten läuft er. Zschäpe muss in ihrer Erklärung deutlich machen, warum sie das Vertrauensverhältnis tief erschüttert ist. Die Hürden, dass das Gericht diese Gründe anerkennt, liegen aber ziemlich hoch, zumal eben der Fortschritt des Prozesses möglich nicht gefährdet werden soll.

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem Zschäpe ihre Erklärung abgegeben hat, werden ihre Verteidiger und die Bundesanwaltschaft informiert und um eine Stellungnahme gebeten, erläuterte Sprecherin Titz. Die Nebenkläger aber nicht, weil sie nicht betroffen sind. Danach könne auch die Öffentlichkeit unterrichtet werden. Der Zeitpunkt dafür ist aber völlig offen. Liegen dem Senat die Stellungnahmen vor, muss er eine Entscheidung treffen, ob die Anwälte entpflichtet werden — und zwar spätestens bis zum nächsten Hauptverhandlungstermin am kommenden Dienstag.

Was sind mögliche Szenarien?

Der Jurist Udo Vetter geht in seinem Blog davon aus, dass Weder Zschäpe noch ihre Anwälte dem Senat zu viel Einblick in ihre Strategie geben wollen. Daher geht er davon aus, dass Zschäpe und die Anwälte das Gericht einvernehmlich um Auflösung der Mandate bitten. "Gleichzeitig wird Zschäpe Anwälte benennen, die bereit sind, sie weiter zu verteidigen, ohne dass es zu Zeitverzögerungen — etwa durch einarbeitungsbedingte Verhandlungspausen — kommt", schreibt Vetter.

Denn eines der Hauptprobleme, sollte das Gericht Zschäpes Bitte stattgeben, wäre dieses: Neue Anwälte hätten nur wenig Zeit, sich in die Prozessunterlagen einzuarbeiten. Der Prozess selbst dürfte maximal 30 Tage unterbrochen werden. Er könnte also auch platzen und müsste womöglich noch einmal ganz von vorn beginnen. Allerdings sehen Experten dies als ziemlich unwahrscheinlich an. Manch einer erwartet sogar, dass die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass das Gericht Zschäpes Bitte nicht statt gibt.

Was geschieht in einem solchen Fall?

Der Prozess geht weiter wie bisher. Allerdings sitzt dann eine Angeklagte neben Anwälten, die möglicherweise eine völlig unterschiedliche Sicht hinsichtlich der Strategie des Prozesses haben, was sich auf beide Parteien als problematisch auswirken dürfte hinsichtlich der Prozessführung.

Gibt es eine Alternative?

Ja, denn es ist auch noch völlig unklar, ob Zschäpe zu allen Anwälte oder nur zu einem oder zweien das Vertrauen verloren hat. Ein Kompromiss könnte daher auch sein, dass nur ein oder zwei Anwälte entpflichtet werden. So bleibt mindestens ein Verteidiger, der sich schon bestens in die Thematik eingearbeitet hat, und es kommen neue hinzu, denen Zschäpe vertraut und die sich nach und nach einarbeiten, ohne das der Prozess komplett platzt.

mit Agenturmaterial

(das)
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