Zugunglück in den Niederlanden „Ein heftiger Knall, dann gingen die Lichter aus“

Voorschoten · Bei einem schweren Zugunglück in den Niederlanden wurden 30 Menschen verletzt, eine Person starb. Fahrgäste berichten von einem „heftigen Knall“. Die Polizei spricht von einem „massiven Schaden“.

Niederlande: Zugunglück bei Den Haag - ein Toter und Verletzte
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Schweres Zugunglück in den Niederlanden

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Foto: dpa/Remko De Waal

Es ist eines der schwersten Zugunglücke der vergangenen Jahre in den Niederlanden: Beim Zusammenprall eines Zugs mit einem Baukran in der Nähe von Den Haag sind ein Mensch getötet und 30 weitere verletzt worden - 19 von ihnen schwer. Der doppelstöckige Passagierzug war am frühen Dienstagmorgen auf der Strecke von Leiden nach Den Haag in den auf den Schienen stehenden Kran gerast und entgleist. Die Ursache war zunächst unklar.

Zum Zeitpunkt des Unglücks gegen 03.30 Uhr waren nach Angaben der Rettungskräfte etwa 50 Menschen an Bord des Zuges. Der Aufprall schleuderte die ersten beiden Zugwaggons quer zu den Gleisen in ein Feld, ein dritter Waggon kippte auf den Gleisen schräg zur Seite.

Die Fenster der insgesamt vier Waggons zerbarsten, an einem von ihnen sahen Reporter der Nachrichtenagentur AFP starke Schmauchspuren. Auch die Überreste des Krans waren auf den Gleisen zu sehen. Laut niederländischen Medien war kurz nach dem Unfall ein Feuer ausgebrochen.

König Willem-Alexander sagte bei einem Besuch an der Unfallstelle, das Unglück mache ihn „sprachlos“. Zuvor hatten er und seine Frau Maxima den Opfern bereits ihr „tiefes Mitgefühl“ ausgesprochen. Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einem „schrecklichen Zugunglück“.

Infrastrukturminister Mark Harbers sagte, es sei ein „Wunder“, dass nicht noch mehr Menschen umgekommen seien. Zuvor war schon ein Güterzug mit dem Kran kollidiert, doch kam dabei niemand zu Schaden.

Bei dem Todesopfer handelte es sich um einen Bauarbeiter. Dieser war nach Angaben seines Arbeitgebers, der Baufirma BAM, gerade mit Arbeiten an der Bahnstrecke beschäftigt. 18 Zugpassagiere und der Zugführer wurden schwer verletzt in Krankenhäuser gebracht, elf leichter Verletzte wurden nach Angaben der Rettungskräfte in Häusern von Anwohnern behandelt.

„Wir haben einen heftigen Knall gehört und plötzlich gingen die Lichter aus“, berichtete ein Fahrgast dem Lokalfernsehsender Omroep West. „Wir konnten nicht aus dem Zug aussteigen, weil es keinen Strom mehr gab.“ Erst nach „gefühlten Stunden“ seien die Passagiere ins Freie gelangt.

„Wir haben erst einen sehr lauten Knall gehört, dann hat das Haus heftig gewackelt (...) es war sehr beängstigend“, sagte der Anwohner Jaron Ooms zu AFP-Reportern. „Wir haben Menschen schreien gehört, und irgendwann sah ich auch Leute mit ihren Handys die Wiesen absuchen.“

Die Rettungskräfte berichteten von einer „chaotischen Situation“. Teilweise mussten sie demnach mit Hilfe von Holzbrettern einen schmalen Kanal überqueren, während sie gleichzeitig auf beschädigte Stromkabel achten mussten.

Die Ursache für das Unglück war zunächst unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft leiteten nach eigenen Angaben strafrechtliche Ermittlungen ein, und auch die Bahnbehörden wollten den Hergang untersuchen.

„Der Schaden ist massiv, so etwas habe ich noch nicht gesehen“, sagte ein Sprecher des niederländischen Schienennetzbetreibers Prorail. „Wir wollen herausfinden, was genau passiert ist.“ Bahnchef Wouter Koolmees forderte ebenfalls unabhängige Untersuchungen.

Laut Prorail waren Wartungsarbeiten an der Strecke angesetzt, als das Unglück passierte. Zwei der vier Gleise konnten deshalb nicht genutzt werden.

Der Verkehr auf der vielbefahrenen Strecke wurde eingestellt. Er soll nach Angaben der niederländischen Bahn erst in einigen Tagen wieder aufgenommen werden. Eurostar-Züge, die Amsterdam mit London verbinden und die Thalys-Züge von Brüssel nach Paris fahren demnach aber weiter.

Zugunfälle sind in den Niederlanden äußerst selten, das schwerste Unglück ist schon mehr als 60 Jahre her: 1962 starben 93 Menschen, als ein Fahrer im dichten Nebel ein Signal übersah und zwei Züge frontal aufeinander prallten.

(mzu/AFP)
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