Bekanntester Vermisstenfall der Niederlande Ermittler untersuchen Verbindung zwischen vermisster Tanja Groen und Marc Dutroux
Maastricht · Vor knapp 30 Jahren verschwand die 18-jährige Tanja Groen in Maastricht. Jetzt untersuchen niederländische Ermittler, ob es in dem Fall eine Verbindung zu dem belgischen Kindermörder Marc Dutroux gibt. Dessen Name fällt in dem Vermisstenfall nicht zum ersten Mal.
Im bekanntesten Vermisstenfall der Niederlande gibt es neue Entwicklungen: 29 Jahre, nachdem die Studentin Tanja Groen in Maastricht verschwunden ist, hat die niederländische Staatsanwaltschaft ein Rechtshilfeersuchen an die belgische Justiz gerichtet. Es geht um bislang nicht identifizierte weibliche DNA-Spuren, die in den Häusern und Lieferwagen des belgischen Kindermörders und Serienvergewaltigers Marc Dutroux gefunden wurden – diese sollen mit der DNA von Tanja Groen abgeglichen werden. Das berichtet die niederländische Tageszeitung „De Limburger“.
Noch immer beschäftigt sich ein „Cold Case“-Team in Limburg mit dem Fall. Die Ermittler sollen demnach auch bereits mit mehreren Zeugen gesprochen haben. Tanja Groen verschwand am 31. August 1993, nachdem sie gegen Mitternacht die Party einer Studentenverbindung verlassen hatte, um mit ihrem Fahrrad nach Gronsveld zu fahren, wo sie zu dieser Zeit wohnte. Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens trug sie eine blaue Jeans, ein rosa T-Shirt, auf dem ihr Name stand, und eine dunkelblaue Jacke. Weder von ihr noch von ihrem Fahrrad wurde seitdem eine Spur gefunden. In den knapp drei Jahrzehnten, die seit ihrem Verschwinden vergangen sind, Kostenpflichtiger Inhalt hat es immer wieder Hinweise und groß angelegte Suchaktionen gegeben.
Der Mörder und Sexualstraftäter Marc Dutroux sitzt mittlerweile seit 26 Jahren im Gefängnis. Er wurde am 13. August 1996 gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle Martin und seinem Komplizen Michel Lelièvre verhaftet. Der Fall Dutroux erschütterte in den 1990er Jahren ganz Belgien: Der Verbrecher entführte sechs Mädchen, missbrauchte sie und folterte sie in seinem Keller. Zwei Mädchen verhungerten in dem Kellerverlies, während Dutroux wegen Autodiebstählen für drei Monate im Gefängnis saß, eine 17-Jährige und eine 19-Jährige vergiftete er.
Besonders schockierend war, dass Dutroux und seine Komplizin und Lebensgefährtin Michelle Martin bereits in den 80er Jahren wegen Entführung und Missbrauch von fünf Mädchen verurteilt worden waren. Er sollte eigentlich 13 Jahre absitzen – kam aber nur sechs Jahre nach seiner Verhaftung wegen guter Führung wieder frei.
Während seines Prozesses beteuerte Dutroux, er habe im Auftrag eines Pädophilennetzwerkes mit bedeutenden Persönlichkeiten gehandelt. Diese Aussagen bestätigten sich zwar nie, für viele Menschen wurde der Fall Dutroux aber dennoch auch zu einem Inbegriff für das Versagen von Justiz und Polizei.
Einer Verbindung zwischen Dutroux und dem Fall Tanja Groen wurde bereits Ende der 90er Jahre nachgegangen. Im Februar 1997 wurden Tanjas Eltern von der belgischen Polizei gebeten, in den 4500 Kleidungstücken und Spielwaren, die bei dem Kindermörder gefunden wurden, nach Spuren ihrer Tochter zu suchen. Doch konnten sie kein Kleidungsstück eindeutig ihrer Tochter zuordnen.
Nach Recherchen des „De Limburger“ gibt es jedoch mehrere Indizien, die darauf hindeuten, dass es eine Verbindung geben könnte. So soll sich Dutroux Anfang der 90er Jahre in Maastricht und Umgebung aufgehalten haben, um dort Drogen zu kaufen. Auch habe er in der Stadt eine Kontaktperson gehabt. In einer seiner Wohnungen soll zudem eine Karte gefunden worden sein, auf der Maastricht eingekreist worden war.
Dazu kommt der Umstand, dass Tanja Groen zuletzt auf ihrem Fahrrad gesehen wurde. Dutroux entführte mindestens eines seiner Opfer auf offener Straße und zerrte das Mädchen mitsamt seinem Fahrrad in einen weißen Van.
Warum die mögliche Verwicklung nicht schon früher gründlich untersucht wurde, ist nicht bekannt, Polizei und Justiz wollen sich dazu nicht äußern. „Die Möglichkeit, dass Dutroux hinter Tanjas Entführung steckt, wurde nie ernsthaft untersucht“, zitiert „De Limburger“ dazu den ehemaligen wallonischen Gendarm Jean-Pierre Adam, der nach der Verhaftung von Dutroux Teil der Ermittlungsgruppe war.
Dutroux wurde 2004 zu lebenslanger Haft verurteilt. In Belgien bedeutet dies in der Regel 30 Jahre. Sein Anwalt kämpft seit Jahren für die Entlassung, Dutroux sitzt jedoch nach wie vor im Gefängnis. Seine inzwischen von ihm geschiedene Frau Martin kam 2012 unter Auflagen frei.
