Evangelische Kirche Neuer Präses will „freien Glauben“ in der Kirche

Düsseldorf · Die evangelische Landessynode hat sich bei der Wahl zu ihrem Vorstand mit großer Mehrheit für den 50-jährigen Thorsten Latzel entschieden.

 Thorsten Latzel ist der neue oberste Repräsentant der evangelischen Kirche im Rheinland.

Thorsten Latzel ist der neue oberste Repräsentant der evangelischen Kirche im Rheinland.

Foto: dpa/Federico Gambarini

 Die Evangelische Kirche im Rheinland hat einen neuen Präses. Am Donnerstag wählte die im Internet tagende Landessynode den Theologen Thorsten Latzel zum Nachfolger von Manfred Rekowski. Das Wahlergebnis war dabei ungewöhnlich deutlich: Latzel – der erste Rheinische Präses seit dem Zweiten Weltkrieg, der selbst nicht zuvor in der Rheinischen Kirche tätig war – erhielt 113 Stimmen. Seine Gegenkandidaten Reiner Knieling und Almut van Niekerk erhielten 17 beziehungsweise 57 Stimmen.

Der 50-jährige Latzel ist seit 2013 Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main. Zuvor war er im Reformbüro der EKD tätig und beschäftigte sich unter anderem mit kirchlichen Zukunftsfragen. „Mir ist es wichtig, dass wir als Kirche auf Augenhöhe bei den großen Fragen mitreden können“, sagte Latzel, als er für die Videoübertragung vor die blaue Wand im Landeskirchenamt in Düsseldorf trat und sich den 193 zugeschalteten Synodalen noch einmal vorstellte.

Zu den „großen Fragen“ gehört die nach dem Umgang der Evangelischen Kirche mit der Suizidbeihilfe: Anders als Rekowski hatten sich der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und weitere prominente evangelische Stimmen kürzlich nicht nur für Palliativversorgung, sondern auch für die Möglichkeit eines assistierten professionellen Suizids in kirchlich-diakonischen Einrichtungen ausgesprochen. Auf Nachfrage wies Latzel diese Position zurück. „Es ist unsere Aufgabe, Menschen auf ihrem Weg zum Sterben zu begleiten.“ Die Kirche respektiere, dass Menschen selbst aus dem Leben scheiden wollen, „aber ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, in den kirchlichen und diakonischen Einrichtungen selber so ein Angebot zu machen“.

In seiner Vorstellungsrede vor den Synodalen hatte Latzel erklärt, er brenne für eine Kirche, die eine „weltoffene Gemeinschaft mit freiem Glauben ist“. Das unterscheidet ihn etwa von seinem Bruder Olaf, der Pfarrer in Bremen ist, und kürzlich wegen Volksverhetzung verurteilt und vom Dienst suspendiert wurde, weil er in einem Eheseminar zum Hass gegen Homosexuelle aufgerufen hatte. Latzel hatte sich schon vor seiner Wahl deutlich von seinem Bruder und dessen Theologie distanziert.

Am Donnerstag kündigte der neue Präses zudem an, die Kirche „konsequent von den Menschen her“ denken zu wollen. Eines seiner Schwerpunktthemen sei die Partizipation, „eine dezidierte Stärke der rheinische Kirche“. Die Kirche wolle sich besonders um die 20- bis 40-Jährigen kümmern. Diese Altersgruppe tritt derzeit überdurchschnittlich oft aus der Kirche aus und lässt ihre Kinder nicht mehr taufen. „Die Menschen sollen die Kirche als Heimat erfahren, wo sie gerne sind“, sagte Latzel. Sie solle „progressiv und offen auf Menschen zugehen, und sie in ihrem Leben begleiten und stärken“. Natürlich werde auch die Evangelische Kirche im Rheinland angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen und geringerer Einnahmen sparen müssen: „Aber das ist nicht das Prägende. Als Kirche sind wir immer davon bestimmt, Salz der Erde sein zu wollen, das wir nach außen tragen wollen.“

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