Manipulierte Waren in Supermärkten ausgelegt Nach Nestle-Erpressung Langjährige Haft für Ehepaar

Frankfurt/Main (dpa). Wegen versuchter Erpressung des Lebensmittelherstellers Nestlé um 8,4 Millionen Mark hat das Landgericht Frankfurt ein Münchner Ehepaar zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Ein 49 Jahre alter Versicherungskaufmann muss nach dem Urteil vom Dienstag für acht Jahre hinter Gitter, seine Ehefrau vier Jahre und neun Monate.

Das Paar hatte während der gut ein Jahr lang dauernden Erpressung 1998 und 1999 bundesweit in Supermärkten Nestlé-Produkte ausgelegt, die mit Spuren eines Insektenvernichtungsmittels versetzt waren. Die Dosis war laut Gericht nicht gesundheitsgefährdend. Das geständige Ehepaar gab als Motiv an, dass es mit einer Versicherungsagentur finanziell gescheitert sei.

Die Erpresser traten unter dem Decknamen „Robin Food“ auf und gaben sich damit eine politische Tarnung. Angeblich sollte es um den Kampf gegen Gentechnik gehen. Sie schickten 45 Erpresserbriefe an Nestlé, worin sie die Auslage kontaminierter Produkte in Supermärkten unter anderem in Frankfurt, Hamburg, Hannover, Nürnberg und München ankündigten. Die auch an Medien verschickten Ankündigungen hatten umfangreiche Suchaktionen in den Supermärkten zur Folge. Das Gericht kritisierte, die Medien hätten sich mit ihrer Berichterstattung für die erpresserischen Zwecke missbrauchen lassen.

Die kontaminierten Produkte waren mit Warnhinweisen versehen. Aufkleber zeigten ein Totenkopf-Emblem und warnten Käufer mit dem Text: „Dieses Produkt ist vergiftet. Wenden Sie sich an den Marktleiter.“ Die Erpresser wollten ihren Aussagen zufolge niemanden gefährden. Dass sie gefasst werden konnten, ging auf einen Leichtsinnsfehlers bei einer E-Mail-Übermittlung zurück.

Als bisher größtes und weitaus gefährlicheres Erpressungsmanöver - mit einer Forderung von 25 Millionen Mark in Rohdiamanten - war im vergangenen Jahr der Fall des Nestlé- und Thomy-Erpressers Alexandro Nemeth vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt worden. Der 43- jährige Deutsch-Rumäne wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Er hatte Produkte mit Blausäure in lebensgefährlicher Dosierung vergiftet und in Supermärkten sowie auf einem Kinderspielplatz deponiert. Den beiden betroffenen Firmen soll damals ein Schaden in Höhe von annähernd 40 Millionen Mark entstanden sein.

(RPO Archiv)
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