Steile Karriere als Model Julia Stegner: Von der Wiesn auf den Laufsteg

Düsseldorf (RP). Hübsche Mädchen gibt es auf dem Oktoberfest genug. Aber bislang ist Julia Stegner das einzige, das dort zwischen Bier und Brezeln als Model entdeckt wurde. International wird sie als das "neue deutsche Fräuleinwunder" gefeiert.

Julia Stegner
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Foto: AP

Als sie vor kurzem mit ihrer alten Clique unterwegs war, wollte der Türsteher sie nicht in Münchens Nobel-Disco P1 lassen. Anstatt aus der Haut zu fahren und sich darüber aufzuregen, dass er ihr weltbekanntes Gesicht nicht kannte, nahm sie die Abfuhr sportlich. "Ich habe ihm erklärt, dass ich Julia, die Basketballspielerin aus Ismaning, bin. Schon öffneten sich die Türen", erzählt sie schmunzelnd.

Das Supermodel, das für Marken wie Dolce & Gabbana, Chanel, Yves Saint Laurent, Armani, Dior, Louis Vuitton und Boss auf dem Laufsteg unterwegs ist, scheint offenbar auf dem Teppich geblieben zu sein. Sie ist die Ruhe selbst, höflich und zurückhaltend. Großspuriges Gehabe und der branchenübliche Zickenalarm sind nicht ihr Ding. "Ich bin so, wie ich immer war, und oft viel zu brav", findet sie und würde trotzdem nicht anders sein wollen.

21 Jahre ist sie jung, so langbeinig wie blond, entwaffnend normal und natürlich. Dabei hat die hochgeschossene, wahnsinnig schmale Julia Stegner (während der Schulzeit wurde sie als Steckerlfisch gehänselt) in den vergangenen drei Jahren eine beispiellose Karriere hingelegt: In Rekordzeit von Null auf 36,8 Millionen Euro. So hoch (höher als Heidi Klum oder Claudia Schiffer) bezifferte die Werbeagentur BBDO ihren Marktwert.

Sie selbst scheint das nicht zu beeindrucken. "Ich habe Glück gehabt und mache meinen Job gerne", sagt Julia Stegner bescheiden, ihre grünen Augen blitzen. "Es geht darum, überraschend und aufregend zu wirken - wandelbar zu sein." Ob als Lady, Schulmädchen oder Vamp - Julia ist leicht zu schminken, urteilen die Profis. Sie schlüpft mit Leidenschaft in andere Rollen, überzeugt auf dem Catwalk genauso wie vor der Kamera. "Sie ist ein zeitloser Typ" urteilt Designerin Stella McCartney, und Karl Lagerfeld schwärmt von ihr als "moderne Version der klassisch schönen Deutschen, von der junge Männer träumen". Louisa von Minckwitz, die die damals 15-Jährige auf dem Oktoberfest entdeckt hat, findet sie so hübsch wie Nastassja Kinski oder die junge Brigitte Bardot.

"Meine Schönheitsfehler sind mein Markenzeichen"

Und was macht Julia? Freut sich und spricht von ihren Schönheitsfehlern: Der Mund ist schief, die Zähne sehen nicht aus wie aus dem Schöner-Lächeln-Katalog bestellt, und die Ohren sind ziemlich groß. "Ich bin nicht makellos, und das ist mein Markenzeichen", erklärt sie und wirktl reifer als andere in ihrem Alter.

Ärgert es sie, wenn alle Welt denkt, Models seien blöd und oberflächlich? Die Antwort ist diplomatisch, kein böses Wort über Kolleginnen: Sie vergleicht ihren Job, der nie ihr Traumjob war, mit dem Sport. "Beides hat wenig mit Glamour, aber viel mit Pünktlichkeit und Disziplin zu tun. Alle denken immer nur, ich trage schöne Kleider und verdiene reichlich Kohle." Sie weiß genau, welch harte Arbeit dahinter steckt, wie groß der Druck, wie mächtig die Konkurrenz ist. Anfangs ist sie damit nicht klar gekommen. All die Termine, kaum Schlaf, ständig auf Achse, weg von zu Hause, von der Familie. "Doch der Job ist zeitlich begrenzt, man ist auswechselbar, und wer weiß, wie lange ich noch gefragt bin."

Julia - redegewandt und realistisch - lässt sich nicht von Fotografen, Agenturen und Terminen treiben, sie steckt sich eigene Ziele. Eines davon lautet: Als Model so perfekt wie möglich zu sein, das heißt keine Partys, selten Alkohol und auf die Figur achten. Statt mittags Pasta und Pizza wie früher, muss sie sich heute für ein Gericht entscheiden. Models haben dünn zu sein, das ist für sie keine Frage. "Wir sind eine Art Kleiderständer. Ausgeprägte Schultern, schmale Hüften, dann fällt das Designer-Kleid optimal." Sie nimmt sich nicht wichtig, findet, dass sie nicht Weltbewegendes leistet. "Ich verändere nichts, bin kein Arzt oder so."

"Nur nicht so bescheiden, sie ist ein Vollprofi", meint Ingo Wilts, Chefdesigner von Hugo Boss. Fünf Kampagnen hat Julia für den Konzern aus Metzingen inzwischen gemacht. Die aktuelle läuft gerade in den Magazinen. Die Motive für den nächsten Sommer wurden auf Ibiza geschossen, wo auch der Werbefilm für den neuen Boss-Duft "Femme" entstanden ist. Ein deutsches Mädchen als Gesicht für deutsche Mode - das ist ein Marketingcoup, der sich auszahlt. Denn mit dem blonden Aushängeschild stiegen die Absatzzahlen des Labels. Ein Ende der Liaison ist nicht in Sicht.

Auch privat setzt Julia auf Beständigkeit und Diskretion. Sie ist mehr wegen ihrer Arbeit im Gespräch, weniger wegen Männer. Lange Zeit war sie mit ihrem Jugendfreund, einem Polizisten und - wie sie - Basketballspieler aus Ismaning liiert. In New York, wo sie nun lebt, hat sie Steven Pan kennen gelernt. "Er ist Fotoassistent." Basta, keine Details. Zwei Wochen waren sie gerade im Urlaub in Costa Rica. Den Rest vom modefreien August hat sie bei ihren Freunden und Eltern in Bayern verbracht. Vermisst sie ihr Zuhause? "Schon, und irgendwann möchte ich wieder in Deutschland leben. Aber wer weiß, wenn ich einen Amerikaner heirate?" Egal, wo sie dann wohnt, ein Ziel hat sie: Viele Kinder, denn die gehören auf jeden Fall in Julias Welt.

(Rheinische Post)
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