400 Frauen wollen klagen Millionenforderungen gegen "grausame Nonne"

London (dpa). Der katholischen Kirche in Schottland drohen Millionenforderungen, nachdem eine Nonne wegen grausamer Kindesmisshandlung verurteilt worden ist. Mehr als 400 ehemalige Bewohnerinnen des Mädchenheimes "Nazareth House" wollen auf Schadensersatz klagen. Die Kirchenführung in Edinburgh lehnte am Mittwoch jedoch jeden Kommentar ab. Die Angeklagte selbst bestreitet die Vorwürfe.

Schwester Alphonso - für die britischen Medien "die grausame Nonne" - war am Dienstag von einem Geschworenengericht in Aberdeen schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß wird am 28. September verkündet. Die 58-Jährige hat nach Überzeugung der Jury von 1965 bis 1980 Kinder brutal geschlagen, ihnen gegen ihren Willen Essen in den Mund gestopft und sie mit schmutziger Unterwäsche beworfen.

Während des Prozesses waren der Nonne immer neue Grausamkeiten zur Last gelegt worden. Die heute 42-Jährige Anne Stewart sagte aus, sie sei von Alphonso mit dem offen aufgebahrten Leichnam einer Nonne in einer Kapelle eingeschlossen worden. Die damals achtjährige Magdalena wurde gezwungen, die Leiche zu küssen: "Ich erinnere mich noch immer an den furchtbaren Geruch", sagte sie als Zeugin vor Gericht. "Und das Gesicht war so kalt."

Von der heute 43-Jährigen Helen Cusiter wurde Alphonso beschuldigt, sie von einer Schaukel gestoßen zu haben. Dabei sei sie mit ihrem Kopf gegen eine Mauer geschlagen und habe vier Zähne verloren. Essen, das sie nicht gemocht habe, sei ihr von der Nonne bis zum letzten Bissen in den Mund gepresst worden. "Davon habe ich eine Phobie gegen Essen zurückbehalten", sagte sie.

Der Fall kam erst viele Jahre später ans Licht, als Cusiter Anfang der 90er Jahre noch einmal in das inzwischen zum Altenheim umfunktionierte Nazareth House zurückkehrte. Zufällig lief ihr Alphonso über den Weg und rief damit die Kindheitserinnerungen wach. In den darauf folgenden Jahren litt Cusiter unter Angstzuständen und Depressionen. Sie gab sogar ihre Arbeit auf. "Schließlich war ich an dem Punkt angelangt, wo ich dachte: Entweder sie oder ich." Sie ging zur Polizei und erstattete Anzeige. Nach und nach meldeten sich immer mehr Heimbewohnerinnen mit "Horrorgeschichten". Eine Entschuldigung hat bisher noch keine von ihnen bekommen.

(RPO Archiv)
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