Recklinghausen Merkel-Satire mit viel Biss in Recklinghausen

Recklinghausen · Das Theaterstück "Mutti" von Juli Zeh und Charlotte Roos wurde bei den Ruhrfestspielen uraufgeführt.

Sie lachen schon nach ihren ersten beiden Sätzen. "Sagen wir mal so. Ich hätte heute Abend was Besseres zu tun", sagt Angela, die Frau mit den Mundwinkeln, die nach Süden zeigen. Schauspielerin Nadja Robiné hat sich Angela Merkels Sprechweise so verblüffend gut antrainiert, dass sich das Publikum in der ausverkauften Halle König Ludwig 1/2 kaum halten kann. Klar ist da bereits, dass es bei den Schauspielern an diesem Abend vor allem um Imitationsleistungen geht. Überzeichnet sind die Figuren zwar, aber das macht den Reiz und Witz des Stückes aus. Dennoch bleiben sie beunruhigend nah an der Realität.

In "Mutti", dem neuen Theaterstück der Autorinnen Juli Zeh und Charlotte Roos, das jetzt vor 180 Zuschauern uraufgeführt wurde, ist Angela eine kühle Intrigantin. Sie verweigert sich der Kommunikation mit dem Koalitionspartner. Tacheles redet sie nur mit Bundestrainer Jogi Löw. Robiné spielt das gekonnt starrhalsig und unterkühlt.

Wutschnaubend und glutäugig hingegen zeigt Michael Wächter seinen Sigmar. Er persifliert das lebende Vorbild zu einem Stier mit Augenringen. Auch Horst (Sebastian Kowski) ist ein lebendes Klischee: blau-weiße Serviette, Brezel, Weißwurst, und er ist glücklich, so scheint es.

Anna Windmüller zeichnet Ulla als hysterische Selbstdarstellerin, die sich mit Sigmar zu überbieten versucht. Das erfüllt seinen Zweck: Es ist nervtötend und gerade deswegen lustig. Regisseur Hasko Weber lässt Ulla Pompons in Deutschlandfarben schwingen, Sigmar versucht sich im Moonwalk. Wer sich ernst nimmt, hat schon verloren. Auch Angela darf nicht zu ernst nehmen, wer keine böse Überraschung erleben will: Das erfährt Sigmar schmerzhaft. Die humorvolle Abrechnung honorierte das Publikum mit minutenlangem Applaus.

(RP)
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