Leipzig MDR-Affäre: Stasi und Betrug

Leipzig · Im Fall des suspendierten Unterhaltungschefs Udo Foht wurde bekannt, dass die Geschäftsleitung nicht über dessen finanzielle Probleme informiert war. Für den Sender ist es der dritte Skandal in zwei Jahren.

Beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) versucht man derzeit wohl eher, das eigene Image zu verbessern als das Programm. Seit längerem wird der Sender erschüttert von Skandalen. Aktuell weitet sich die Affäre um den suspendierten Unterhaltungschef Udo Foht aus. Der 60-Jährige ist vergangene Woche wegen Amtsmissbrauchs vorläufig von seinem Posten enthoben worden. Er soll dem MDR zufolge Briefpapier des Senders benutzt haben, um Privatpersonen und Firmen um Vorschüsse auf Produktionen zu bitten. Dabei soll es um deutlich höhere Summen gegangen sein als bislang bekannt. Außerdem war die Geschäftsleitung nicht über eine Gehaltspfändung Fohts informiert. Das sagte MDR-Intendant Udo Reiter der "Bild"-Zeitung.

Reiter erklärte, dass es sich nur um eine geringfügige Forderung gehandelt habe. Deshalb sei die Gehaltsabteilung, nicht aber die Geschäftsführung eingeweiht gewesen. So wurden die finanziellen Probleme des Unterhaltungschefs intern nicht kommuniziert. Über die Ursachen für Fohts Geldnöte gibt es bisher nur Spekulationen. Laut der Zeitung "Die Welt" hatte der 60-Jährige eine Art Schneeball-System entwickelt, mit dem er von Geschäftspartnern geliehenes Geld an Produktionsfirmen überwies. Angeblich ging es dabei um Summen bis zu 100 000 Euro, behauptet "Bild". Ob Foht das Geld für sich selbst abgezweigt hat, ist unklar. Der Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft sagte, man habe vom MDR Strafanzeigen im Fall Foht erhalten. "Insbesondere geht es dabei um den Vorwurf des Betrugs und der Untreue", sagte Oberstaatsanwalt Gerald Weigel. Derzeit würden die Vorwürfe geprüft. Zu Einzelheiten wolle man sich nicht äußern. Foht war Anfang 2001 schon mal in den Fokus geraten, weil ihm vorgeworfen wurde, als IM "Karsten Weiß" für die Stasi spioniert zu haben. Dies konnte jedoch nie bewiesen werden. Spekulationen, nach denen Foht das Geld benötigte, weil er wegen seiner möglichen Stasi-Vergangenheit erpresst werde, trat Intendant Reiter entgegen. Allerdings erklärte er, dass der MDR als einziger Ost-Sender vor besonderen Problemen gestanden habe, weil nicht alle Mitarbeiter sofort im neuen System angekommen seien. Alte Loyalitäten hätten teilweise weiter existiert und seien stärker gewesen als die neuen Regeln.

Reiter bezog sich damit auch auf den Fall beim Kinderkanal "Ki.Ka", der unter Federführung des MDR steht. Weil er laut Erfurter Landgericht 8,2 Millionen Euro abgezweigt hat, wurde der Herstellungsleiter des "Ki.Ka" Anfang Juli zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Der Vorsitzende Richter erklärte, dass die Tat erleichtert wurde, weil die Kontrollen nicht hinreichend waren. Erst im Jahr 2009 war außerdem der MDR-Sportchef Wilfried Mohren zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden – wegen Vorteilsnahme, Steuerhinterziehung und Betrug.

Der Fall Foht könnte für den MDR schmerzhaft werden. Der 60-Jährige gilt als Entdecker von Volksmusikstar Florian Silbereisen und hat der Unterhaltungssparte des Senders mit dem "Polizeiruf 110" oder der Soap "In aller Freundschaft" ARD-weit einen guten Ruf verschafft. Momentan ist Foht abgetaucht. Eine für heute angesetzte interne Anhörung hat er auf nächste Woche verschieben lassen. Der Rundfunkrat verlangt unterdessen einen umfassenden Bericht.

(RP)
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