Maffay schickt Tabaluga in Rente

Der Musiker geht zum letzten Mal mit seinem Erfolgsmusical Tabaluga auf Tour. Nach 30 Jahren nimmt Peter Maffay Abschied von dem kleinen Drachen, der nicht erwachsen werden möchte. Eine Begegnung mit dem 62-Jährigen.

KÖLN Der erste Eindruck: Er ist tatsächlich so klein wie erwartet. Schwarz gekleidet, braune Lederstiefel. Der zweite Eindruck: fester Händedruck, ein Totenkopf-Ring. Maffays Manager legt schnell noch ein paar Tabaluga-CDs auf den Tisch, sonst erinnert nichts an den kleinen, grünen Drachen, für den Peter Maffay gerade auf Werbe-Tour durch Deutschland ist. Im November macht das Tabaluga-Musical in Dortmund, Köln und Oberhausen Station. Der Vorverkauf für die Abschiedstournee hat gerade begonnen.

Ende vergangenen Jahres hat der 62-Jährige das fünfte Tabaluga-Album "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" herausgebracht, das letzte. "Jetzt ist der Kreis geschlossen", sagt der Rocker bei der Begegnung in Köln. Muss Tabaluga jetzt Angst um seine Zukunft haben? "Drachen haben keine Angst vor ihrer Zukunft. Drachen sind furchtlos", erklärt Maffay mit einem Grinsen, dann räuspert er sich und wird wieder ernst. Der Bogen von der Geburt bis hin zum Tod sei nun gespannt. Die Geburt von Tabaluga ist fast 30 Jahre her. Seitdem sind mehrere Generationen Kinder mit dem kleinen, grünen Drachen erwachsen geworden. "Das macht mich schon ein wenig stolz", gibt Maffay zu. "Tabaluga ist keine oberflächliche kleine Geschichte, sondern ein Flaschengeist, den wir irgendwann mal rausgelassen haben. Der jetzt über uns schwebt", sagt er. Seitdem begleitet ihn die Figur. "Sie schaut uns auf die Finger, sie erinnert uns an menschliche Werte."

Auch wenn die Geschichte von Tabaluga nun ein Ende hat, werde der Drache weiterleben. In Büchern und auf CDs. Und in Form der Tabaluga-Stiftung, die Maffay unterhält. Die Idee dazu erhielt Maffay von der US-amerikanischen Folksängerin Joan Baez. "Als wir noch gar nicht wussten, wie man Stiftung schreibt, hat Joan Baez schon eine gehabt", sagt Maffay. "50 Prozent ihrer Einkünfte hat sie immer für Sozialschwache abgegeben." Das gab den Ausschlag für das wohltätige Engagement. Hilfe für traumatisierte Kinder, Indianer, die noch bis in die 70er Jahre ihre Muttersprache nicht öffentlich sprechen durften, Kampf gegen Rassismus – an Anlässen mangelt es nicht, Maffay hat gar keine Zeit aufzuhören. "Wieso auch? Alle Projekte laufen gut, wir verfügen über die nötige Energie." Aber sich seine Zeit einzuteilen, genug Raum für alles zu haben, das sei gar nicht so einfach. Maffay gestikuliert mit den Armen, tätowierte Haut wie Leder, sichtbar gestählt, das Thema bewegt ihn.

Was den Musiker antreibt, weiß er selbst nicht so genau. "Ich habe nur annähernd bis jetzt herausgefunden, wo dieses Feuer herkommt. Ist es genetisch, ist es Ausdruck eines nicht enden wollenden Hungers? Ist es Selbstbestätigung? Wahrscheinlich von allem ein bisschen." Aber es treibe ihn an, ob er will oder nicht. "Die Vorstellung, die Möglichkeiten zu haben und sie nicht zu nutzen, ist schlecht." Maffay nutzt seine Möglichkeiten, so viel ist klar. "Und je weniger Zeit mir bleibt, desto mehr Ziele habe ich."

Peter Alexander Makkay, wie Maffay bürgerlich heißt, ist in Rumänien in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Mit 14 Jahren zog er nach Deutschland. Seine musikalische Karriere begann 1968 als Schlagersänger. In den 80ern wandelte er sich zum deutschsprachigen Rockmusiker und schuf das Drachen-Märchen von Tabaluga. Seitdem füllt er die Stadien, hat bis heute mehr als 40 Millionen Tonträger verkauft und landete mit 14 Alben auf Platz eins. Sein Rockmärchen, das er mit dem Kinderlieder-Macher Rolf Zuckowski und dem Textautor Gregor Rottschalk erdacht hatte, wurde ein Erfolg.

Normalerweise lebt Maffay mit seiner vierten Frau und seinem Sohn Yaris (8) in Tutzing am Starnberger See und auf einer Finca auf Mallorca. "Aber der Kleine kommt gerade zu kurz", sagt der 62-Jährige. "Ich versuche ihm klarzumachen, dass wir noch für andere Kinder unterwegs sind. Das versteht er dann auch."

Peter Maffay hat sich für das letzte Tabaluga-Album viel mit der Zeit und ihrer Vergänglichkeit beschäftigt. Viele Fragen seien ihm gekommen: Wie ist das denn jetzt mit der Zeit? Hat man welche? Kann man Zeit verlieren, gewinnen? Kann man Zeit besitzen? "Und die Antwort heißt dann, philosophisch, nein! Man kann Zeit auch nicht anhalten. Der Wecker, den kann man anhalten, aber die Zeit selber nicht", sagt er. Und genau das möchte Maffay den Kindern mit dem neuen Tabaluga-Album nahe bringen. "Es geht darum, den Wert von Zeit zu zeigen. Und darum, dass man sehr früh wissen muss, dass nicht wir die Zeit bestimmen, sondern die Zeit uns."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort