Nach der Café-Schließung in Bad Münstereifel Zu Besuch bei Heino und Hannelore

Bad Münstereifel · Vor zwei Wochen hat Heino sein Rathaus-Café in Bad Münstereifel geschlossen. Die Fans pilgern trotzdem weiter in den Eifelort, besuchen ihr Idol nun im Kurhaus. An einem Nachmittag treffen dort Senioren-Maiköniginnen aus Bonn und eine Reisegruppe aus Erkrath aufeinander. Alltag, sagt Heino.

Heino in seinem Rathaus-Café. Inzwischen ist es geschlossen.

Heino in seinem Rathaus-Café. Inzwischen ist es geschlossen.

Foto: dpa, Henning Kaiser

Es sind immer dieselben Fragen: Ist Heino da? Sagt er Hallo? Singt er vielleicht sogar? Waltraudt Ruge kann sich noch genau erinnern, wie sie ihre Berührungsangst überwunden und Heino einmal im Rathaus-Café nach dem Weg zur Toilette gefragt hat. "Da nahm er meine Hand und führte mich dorthin", sagt die Erkratherin. "Das ist so ein herrlich sympathischer Mann."

Die Erinnerung lässt die Augen der 79-Jährigen leuchten. Aber nur für einen Moment. Denn das Rathaus-Café ist leer. Vor zwei Wochen hat Heino sein kulinarisches Hauptquartier geschlossen. Für immer. Waltraudt Ruge schüttelt energisch den Kopf, will es nicht wahrhaben. "Das muss bleiben", sagt sie. "Wir kommen doch nur wegen Heino hierher."

Hierher, das ist das mittelalterliche Eifeldorf Bad Münstereifel. Viel Fachwerk, eine restaurierte Stadtmauer und eine kleine Fußgängerzone, an der sich die Erft vorbeischlängelt. Hübsch, aber schnell erlaufen. Hauptsächlich Eisdielen, Restaurants und Cafés haben sich in der Altstadt angesiedelt, dazwischen werben eine Handvoll Modegeschäfte mit Preisnachlässen. In Bad Münstereifel herrscht Ausverkaufsstimmung.

Zwischen Haselnusstorte und Heino-Sightseeing

Fast 16 Jahre lang war das Rathaus-Café die Haupt-Attraktion im Ort, eine Art Mekka für Schlagerfreunde, lockte täglich Busladungen von Fans zu Haselnusstorte und Heino-Sightseeing. Bald soll dort ein "Eifel City Outlet" mit 40 Geschäften entstehen. Noch stehen die Räume leer; kaum etwas deutet auf den alten Pächter hin. In der Fußgängerzone kündigt ein Plakat das Konzert von Schlagersänger Michael Wendler an.

Es scheint fast so, als ob Heino aus der Stadt vertrieben worden sei, aber das ist natürlich Quatsch. Er ist nur umgezogen und schaut nun vom höher gelegenen historischen Kurhaus aufs Dorf hinunter. Ein Ausblick, den er, wie er später lächelnd auf der großzügigen Terrasse seines neuen Domizils gesteht, sehr genießt. "Ob sich Strümpfe besser verkaufen als Haselnusstorte?", fragt er, und das Augenzwinkern kann man hinter seiner dunklen Brille nur vermuten. Für ihn sei die Angelegenheit mit dem alten Café erledigt, sagt er, und im selben Atemzug, dass schnell vergessen würde, dass er es war, der Bad Münstereifel bekannt gemacht habe. "So sind Beamte eben."

Heino empfängt also jetzt im historischen Kurhaus. Das ist besonders praktisch, weil er dort gemeinsam mit seiner Frau Hannelore wohnt, auf 370 Quadratmeter, einer kompletten Etage, und morgens mit den Gästen frühstückt. Denn das Kurhaus beherbergt auch ein Hotel sowie ein Restaurant und eben ein Café. Das, darauf legt Hannelore Wert, "nicht unter unserer Regie läuft".

Es ist eine geschäftliche Vereinbarung mit den Betreibern; die Kramms sind nur das Aushängeschild, die Hotel-Attraktion. Dekoriert hat Hannelore das Heino-Ersatz-Café trotzdem alleine, wie sie betont, aber leider nur das Wichtigste untergebracht. Ein paar Fotos von Heino mit Udo Jürgens, Mick Jagger und Siegfried und Roy, eine verzierte Gitarre, ein gutes Dutzend Goldene Schallplatten und eine goldene Cassette. Der Rest aus dem Rathaus-Café wurde eingelagert. "Fragen Sie nicht", sagt Hannelore und winkt ab.

Er gibt allen, was sie sich wünschen

An der Arbeitsteilung des prominenten Paares lässt Hannelore, die mit ihrer Sonnenbrille und dem langen Schal mit Leopardenmuster einen Hauch von Hollywood verbreitet, keinen Zweifel. Auf ihrer Autogrammkarte (mit Heinos Konterfei) steht: "Ist der Mann auch noch so schlau, Recht hat immer seine Frau." Sie ist für das Geschäftliche zuständig, sie hält Heino den Rücken frei und beordert ihn resolut dorthin, wo er hingehört. An diesem Nachmittag zum Empfang der Senioren-Maiköniginnen aus Bonn-Röttgen. Die warten bereits aufgeregt im Café.

Um Heino und den Kult um seine Person auch nur ansatzweise zu verstehen, muss man ihn im Umgang mit seinen Fans erleben. Als er den Gastraum betritt, brandet Applaus auf. Sein rotes Sakko korrespondiert vorzüglich mit dem Lindgrün der Maiköniginnen-Kostüme. "Ich habe doch noch gar nicht gesungen", sagt er und lächelt bereitwillig in jede Kamera.

Die Seniorinnen schenken ihm eine klingende Karte, und er revanchiert sich mit seinem ewigen, leicht einzementiert wirkenden Lächeln. "Sie können sich gar nicht vorstellen, wie lange ich mich darauf gefreut habe, Sie zu treffen", sagt die amtierende Maikönigin. Doch, Heino kann. Und er gibt allen das, was sie sich wünschen. "Für mich ist das kein Stress", sagt er. "Ich möchte, dass sie mich so erleben, wie ich bin — das ist ein Teil meines Erfolgs."

Das funktioniert, nicht nur bei den Maiköniginnen, sondern auch bei der Reisegruppe aus Erkrath gleich nebenan. Waltraudt Ruge erzählt Heino noch einmal persönlich die Geschichte mit der Toilette; und auch das pariert der Sänger mit unvergleichlicher Nonchalance. Mehr als 60 Gäste kaffeeklatschen mittlerweile im historischen Kurhaus, was die berühmte Haselnusstorte ordentlich dezimiert.

Das müsse sich alles erst noch einspielen, verrät Heino. Zum Glück gibt es die Torte auch trocken zum Mitnehmen und sein Konterfei als Weingummi. Zum 16. Geburtstag des Cafés muss alles passen. Am 24. Juni wird auf der Terrasse des Kurhauses groß gefeiert, mit Stargästen wie Graham Bonney und Chris Roberts. Rund 700 Besucher erwarten die Kramms — diesmal über der Stadt.

Manchem ging der Rummel auf die Nerven

Früher fanden die Geburtstagsfeste vor dem Rathaus-Café statt. Manchmal stauten sich die Menschen bis weit die Straße hinunter, so dass es kaum noch ein Durchkommen gab. Manchem im Ort ging der Rummel auch auf die Nerven, erzählt der Wirt der benachbarten Ratsstube. Er selbst gehört nicht dazu, hat von den Heino-Fans profitiert.

"Die Männer sind oft rüber zu uns gekommen, ein Bierchen trinken", sagt er. Jetzt laufen die Enttäuschten bei ihm auf, diejenigen, die ratlos vor dem geschlossenen Rathaus-Café stehen. Die schickt er dann den Hügel hoch, hinauf zum Kurhaus. Inwieweit sich Heinos Umzug auch auf seine Umsätze auswirken wird, vermag er nicht abzuschätzen. "Es ist ein bisschen ruhiger geworden", sagt er.

Bei der Stadt hofft man auf das geplante Outlet-Center. Bisher kalkulierte die Stadt mit etwa einer Million Tagestouristen pro Jahr, sagt Sprecherin Marita Hochgürtel, das Center soll eine Million zusätzliche Gäste bringen. Und damit wohl eventuelle Ausfälle durch ausbleibende Heino-Fans kompensieren. Wobei die ja weiter kämen. Grundsätzlich sei die Stadt froh, dass Heino ihr erhalten bleibe. "Ihm wurden mehrere Ausweichmöglichkeiten für sein Café angeboten, die er alle abgelehnt hat", so Hochgürtel. Vielleicht sei die Wahl, das neue Café dorthin zu verfrachten, wo Heino auch wohne, für den Sänger gar nicht so schlecht.

Zumindest wirkt Heino in seinem neuen Domizil alles andere als unglücklich. "Ich hatte auch das Gefühl, mich nicht mehr genug um das Rathaus-Café kümmern zu können", erzählt er und serviert mit seinem unermüdlichen Lächeln die Pointe. "Wissen Sie, in meinen jungen Jahren habe ich noch so wahnsinnig viel zu tun." Ein neues Album steht an, im September soll es erscheinen. Viel will er nicht verraten. Nur, dass er sich deutschen Pop-Songs widmen will: Hits von Herbert Grönemeyer, Peter Fox und Sportfreunde Stiller. "Ich brauche die Konfrontation", sagt er. Diesmal wirkt das Lächeln angriffslustig.

Die Fans werden auch das goutieren. Vielleicht kommen sogar neue hinzu, jüngere. Und einmal Heino-Fan, immer Heino-Fan. Anna-Maria Esser, die Chefin der Maiköniginnen, weiß warum: "Weil er uns so schöne Stunden bereitet hat." Ob sie dabei den Sänger im Rathaus-Café, im Kurhaus oder sonstwo treffe, sei ihr egal: "Hauptsache Heino."

(RP/das/pst)
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