Verwirrspiel um Flug nach Deutschland Nach Haftentlassung – wo ist Boris Becker?

London/München · Früher stets im Rampenlicht und nun so gut wie unauffindbar. Nachdem Boris Becker aus britischer Haft entlassen wird, reist er nach Deutschland aus. Doch es gelingt ihm, zunächst unentdeckt zu bleiben.

Boris Becker – Tennis-Legende und Erfolgscoach
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Das ist Boris Becker

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Foto: rtr, NGH/ AA

Boris Becker ist wieder ein freier Mann. Der 55-jährige frühere Tennis-Star ist am Donnerstag aus dem Gefängnis in England entlassen worden und nach Deutschland ausgereist. Das bestätigte Beckers Anwalt Christian-Oliver Moser der Deutschen Presse-Agentur. Auch das britische Justizministerium bestätigte auf dpa-Anfrage, dass Becker kein Gefangener mehr und seine Haftstrafe abgegolten sei. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst darüber berichtet. Doch wo und wann Becker Deutschland erreichen sollte, war zunächst unklar.

Die Rückkehr der Tennis-Legende in seine Heimat sorgte für Spekulationen. Pressefotografen und Journalisten versuchten an verschiedenen Flughäfen in Deutschland bis zum Nachmittag vergeblich, einen Blick auf den dreimaligen Wimbledon-Sieger zu erhaschen.

Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge saß Becker in einem Privatjet, der von einem Freund gechartert wurde. Doch rund um die Neun-Millionen-Metropole London gibt es etliche Flughäfen, von denen Privatjets starten. Die Spurensuche nach dem Becker-Flug glich einem Verwirrspiel.

Laut „Daily Mail“ startete der Flieger vom Flughafen Biggin Hill. Auf welchem deutschen Airport er landete, war aber zunächst unklar. Laut der Webseite Flightradar24 gingen am Donnerstag von Biggin Hill aus Maschinen in mehrere deutsche Städte, darunter Frankfurt, München und Stuttgart. Wo er gelandet war, blieb vorerst ein Rätsel. Am Haus seiner Mutter Elvira in Leimen tauchte Becker zumindest bis zum frühen Abend nicht auf.

Strafrechtlichen Einschränkungen ist Becker nicht mehr unterworfen. „Unser Mandant Boris Becker wurde aus der Haft in England entlassen und ist heute nach Deutschland ausgereist. Damit hat er seine Strafe verbüßt und ist in Deutschland keinerlei strafrechtlichen Restriktionen unterworfen“, hieß es in einer Mitteilung des Anwalts.

Becker war Ende April von einem Gericht in London zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäß angegeben hatte. Seitdem saß er ein. Zuerst im berüchtigten Wandsworth-Gefängnis, später im etwas komfortableren Huntercombe Prison.

Dass Becker nun Weihnachten mit seiner Familie in Deutschland verbringen kann, verdankt er einer Sonderregel für straffällige Ausländer in Großbritannien, wonach deren Haftstrafe nach einer bestimmten Zeit erlassen wird, wenn sie das Land umgehend verlassen. Eine Rückkehr ins Vereinigte Königreich dürfte ihm zunächst verwehrt bleiben.

Den schlimmsten Teil seiner Insolvenz-Misere hat der sechsfache Grand-Slam-Sieger damit wohl hinter sich gebracht. Doch laut britischem Insolvenzregister ist er noch immer nicht Herr über seine eigenen Finanzen. Der Abschluss seines Insolvenzverfahrens wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Einige Auflagen, wie zum Beispiel das Verbot, ohne gerichtliche Erlaubnis in Großbritannien ein Unternehmen zu leiten, gelten noch bis 2031. In einem Podcast im vergangenen Jahr hatte Becker erzählt, er müsse die Hälfte seiner Einkünfte abgeben. Wie das in Zukunft sein wird, war zunächst aber unklar.

Doch wie konnte es überhaupt geschehen, dass der einstige Wunderknabe, der schon als 17-Jähriger auf dem „heiligen Rasen“ in Wimbledon einen unvergesslichen Triumph feierte, so tief sank? Alles begann damit, dass er 2017 von einem Gericht in London für privatinsolvent erklärt wurde. Eigentlich können solche Verfahren in Großbritannien recht schnell beendet werden. Doch bei Becker zog es sich in die Länge. Es folgten demütigende Episoden: Unter anderem wurden ein Teil seiner Trophäen und andere persönliche Erinnerungsstücke öffentlich versteigert.

Doch es kam noch schlimmer: Sein Insolvenzverwalter warf Becker vor, Vermögensbestandteile in Millionenhöhe verschleiert zu haben. Die Tennis-Legende musste vor Gericht. In dem Prozess im Frühjahr plädierte Becker in allen Punkten auf unschuldig. Sein Anwalt stellte ihn als einen Mann dar, der oft mit dem Leben als Star außerhalb des Tennisplatzes überfordert war, Entscheidungen oft anderen überließ und sich kaum um die Konsequenzen seines eigenen Handelns kümmerte. Doch die Geschworenen nahmen ihm das nur zum Teil ab und befanden Becker in mehreren Anklagepunkten für schuldig.

In einem Interview, das er Apple TV+ wenige Tage vor der Verkündung des Strafmaßes gab, sagte er unter Tränen: „Ich habe meinen Tiefpunkt erreicht. Ich werde sehen, was ich damit anfange.“

Die Realität traf ihn hart: Er konnte nicht einmal Abschied nehmen von seiner Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro und seinem ältesten Sohn Noah, die zusehen mussten, wie er nach dem Richterspruch in dem fensterlosen Gerichtssaal in London abgeführt wurde. Eine gepackte Tasche stand damals bereits neben ihm. Seitdem war von dem sonst so mitteilsamen Becker kaum mehr etwas zu hören.

Wie Beckers Zukunft aussehen wird, war zunächst unklar. Der Vizepräsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dirk Hordoff, hatte Becker bereits vor Wochen eine Stelle in Aussicht gestellt. „Salopp gesagt: Boris kann sich den Job aussuchen!“, hatte er der „Sport Bild“ gesagt.

(boot/dpa)
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