Vorurteile abgebaut "So komfortabel": Britische Schüler über Deutschland

Berlin (rpo). "Prinz Harry ist ein Depp!", da ist sich die Schülergruppe aus dem mittelenglischen Harrogate einig, die kürzlich Deutschland besuchte. Von den Klischees die sie vorher aus der englischen Boulevard-Presse über die Deutschen gelesen hatten, trafen sie keins an. Was junge Briten über die Deutschen denken, nachdem sie sich selbst ein Bild gemacht haben...

Das Deutschlandbild, das sich die jungen Engländer gegenwärtig bei ihrem Schulausflug machen, hat so gar nichts mit den Klischees zu tun, das die Boulevardpresse jenseits des Ärmelkanals immer wieder gern auskramt: Mit der Vorstellung von Pickelhauben tragenden, sauertöpfisch-humorlosen "Krauts" oder militärisch aggressiven "Hunnen" können die jungen Briten aus der Grafschaft Yorkshire nichts anfangen.

Dabei bietet das Besuchsprogramm in Berlin und Umgebung nicht gerade leichte Kost: Geschichtsbeladene Orte wie Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Neue Synagoge, Jüdisches Museum, Reichstag, Holocaust-Mahnmal und die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen sind nur einige Stationen auf der fünftägigen Tour. Erinnerung und Gedenken, Bildung und Versöhnung - diese Begriffe stehen im Mittelpunkt des Besuchs. "Die Reise nach Berlin soll das Wissen und Verstehen der Schüler um die Vergangenheit des Weltkrieges ebenso wie der nachfolgenden Phasen des Kalten Krieges, der Teilung und der Wiedervereinigung Deutschlands erweitern", sagt Barbara Hibbert, Leiterin des Fachbereichs Geschichte des Harrogate Gymnasiums.

Informieren wollen sich die Schüler besonders darüber, wie Deutschland die eigene und gemeinsame Geschichte aufgearbeitet hat. Initiiert wurde die Berlin-Reise vom Imperial War Museum, das zum 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges einen landesweiten Geschichtswettbewerb ausgeschrieben hatte. Unter dem Motto "Deren Vergangenheit - Eure Zukunft" haben die Harrogate-Gymnasiasten Arbeiten an die Institution eingereicht - und den Zuschlag erhalten.

Viele positive Eindrücke haben sie hierzulande gewonnen: "Deutschland ist so komfortabel", findet Adam. "Die öffentlichen Transportmittel sind modern und zuverlässig, alles wirkt sauber und aufgeräumt." Rachel findet: "Die Leute hier nehmen den Umweltschutz viel ernster als bei uns." Und nicht zuletzt: "Fast alle können ein wenig Englisch sprechen", fügt Rachel hinzu.

Die jungen Briten verteilen keine auswendig gelernten, flüchtigen Komplimente, sondern betrachten ihr Gastgeberland durchaus mit kritischen Augen: "Es ist widerlich zu sehen, wenn jemand am Jüdischen Mahnmal gegen eine der Stelen uriniert", sagt Katie sichtlich schockiert. "Es gibt immer noch Antisemitismus in Deutschland", haben sie und ihre Schulfreunde in Gesprächen beispielsweise mit einem Rabbiner erfahren. Doch für sie ist genauso klar: "Deutschland ist viel europäischer als Großbritannien, wo Europa für viele immer noch eine Horrorvorstellung ist", lobt Katie.

Der britische Botschafter Sir Peter Torry freut sich über die Reise der Schüler aus Harrogate: "Wir begrüßen jede Initiative, mit der britische Schulkinder ermuntert werden, sich mehr über Deutschland zu informieren", so Torry. "Es ist ja richtig, dass ihnen in der Schule etwas über den Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen der Nazi-Zeit beigebracht wird. Aber britische Schulkinder sollten auch etwas darüber erfahren, was das demokratische Deutschland seit 1945 erreicht hat."

Botschaftssprecher Jonathan Brenton ergänzt, dass das Interesse britischer Touristen an Deutschland steige: "Im vergangenen Jahr gab es ein Plus von acht Prozent bei den Deutschland-Besuchen und ein Plus von 37 Prozent bei den Berlin-Besuchen", so Brenton.

Ein Klischee können die Harrogate-Schüler ihren Landsleuten daheim in jedem Fall widerlegen: "Wir dachten wirklich, dass ganz viele Deutsche Lederhosen tragen. Aber wir haben nur zwei Männer überhaupt damit gesehen", wundert sich Russell darüber, dass die bayerisch-dörfliche Folklorebekleidung in der Hauptstadt so selten anzutreffen ist.

(afp)
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