„Sehr getroffen“ Rammstein äußert sich zu Vorwürfen gegen Sänger Lindemann

Berlin · Nach der zunehmenden Kritik am Umgang des Rammstein-Sängers Till Lindemann mit Frauen hat sich die Band selbst zu Wort gemeldet. Lindemanns Verlag beendete die Zusammenarbeit.

Rammstein-Frontsänger Till Lindemann in Düsseldorf (Archiv).

Rammstein-Frontsänger Till Lindemann in Düsseldorf (Archiv).

Foto: dpa/Malte Krudewig

„Durch die Veröffentlichungen der letzten Tage sind in der Öffentlichkeit und vor allem bei unseren Fans Irritationen und Fragen entstanden“, schrieb Rammstein am Samstag auf Instagram. „Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie außerordentlich ernst.“

Dass die Fans sich sicher fühlen könnten, sei der Band wichtig – „vor und hinter der Bühne“. „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.“ Gleichzeitig betont die Gruppe: „Wir, die Band, haben aber auch ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.“

Rammstein befindet sich derzeit auf Europatour. In den Berichten, die seit mehreren Tagen in verschiedenen Medien kursieren, geht es um Vorwürfe gegen Lindemann, die sich um Machtmissbrauch und erzwungene sexuelle Handlungen junger Frauen drehen. Till Lindemann selbst hat sich bislang nicht geäußert.

Der Verlag Kiepenheuer & Witsch hatte am Freitag angekündigt, seine Zusammenarbeit mit Rammstein-Sänger Till Lindemann mit sofortiger Wirkung zu beenden. Der Kölner Verlag hatte die Bände „In stillen Nächten“ und „100 Gedichte“ mit teils heftig umstrittenen Gedichten Lindemanns herausgebracht.

„Mit Erschütterung haben wir in den letzten Tagen öffentlich gewordene Vorwürfe gegen Till Lindemann verfolgt“, schrieb Verlegerin Kerstin Gleba. „Unser Mitgefühl und unser Respekt gilt den betroffenen Frauen.“ Bei den Berichten geht es um Kritik am Umgang des 60-Jährigen mit Frauen.

„Im Zuge der aktuellen Berichterstattung haben wir Kenntnis erlangt von einem Porno-Video, in dem Till Lindemann sexuelle Gewalt gegen Frauen zelebriert und in dem das 2013 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienene Buch „In stillen Nächten“ eine Rolle spielt“, heißt es in der Begründung des Verlags.

In einem seit drei Jahren im Netz kursierenden Video zum Lindemann-Song „Till The End“ ist der Sänger in zahlreichen pornografischen Szenen mit jungen Frauen zu sehen. In einigen Sequenzen wird ein Gedichtband dabei verwendet und ein Gedicht zitiert.

Vom Verlag war zunächst nicht zu erfahren, seit wann dieses Video bei den zuständigen Stellen bekannt ist. Der ebenfalls bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Band „100 Gedichte“ war 2020 in der Diskussion wegen Vergewaltigungsfantasien in dem Gedicht „Wenn du schläfst“. Der Verlag hatte Lindemann damals in Schutz genommen: „Die moralische Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten „lyrischen Ich“ mit dem Autor Till Lindemann“, hieß es in einer Stellungnahme.

Nun rückt der Verlag vom Sänger ab. „Wir werten dies als groben Vertrauensbruch und als rücksichtslosen Akt gegenüber den von uns als Verlag vertretenen Werten“, schrieb Verlegerin Gleba. „Wir verteidigen aus voller Überzeugung die Freiheit der Kunst. Durch die Frauen demütigenden Handlungen Till Lindemanns im besagten Porno und die gezielte Verwendung unseres Buches im pornografischen Kontext wird die von uns so eisern verteidigte Trennung zwischen dem „lyrischem Ich“ und dem Autor/Künstler aber vom Autor selbst verhöhnt.“

Aus Sicht des Verlags „überschreitet Till Lindemann für uns unverrückbare Grenzen im Umgang mit Frauen“. Die Zusammenarbeit werde beendet, „da unser Vertrauensverhältnis zum Autor unheilbar zerrüttet ist“.

Anmerkung der Redaktion: Wir halten momentan bei allen Texten, die sich mit den Vorwürfen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann beschäftigen, die Kommentarfunktion geschlossen. Hintergrund ist, dass wir zwar alle unsere redaktionellen Texte vorab einer juristischen Prüfung unterziehen; wir können das aber trotz Einzelprüfung nicht für jeden Leserkommentar vornehmen. Deshalb haben wir uns auch in Verantwortung für unsere Nutzerinnen und Nutzer dazu entschlossen, die Kommentarfunktion bei diesem Thema zunächst geschlossen zu halten.

(hebu/dpa)
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