Prozessauftakt Staatsanwältin wirft R. Kelly schweren Missbrauch vor

New York · Der Musiker habe seinen Ruhm ausgenutzt, Mädchen, Jungen und junge Frauen anzulocken und „physisch, psychisch und sexuell“ zu dominieren und zu kontrollieren. Ein ihm höriges Umfeld habe ihn dabei unterstützt.

 Der Prozess gegen Musiker R. Kelly hat in New York begonnen. Ihm wird sexueller Missbrauch Minderjähriger vorgeworfen. 

Der Prozess gegen Musiker R. Kelly hat in New York begonnen. Ihm wird sexueller Missbrauch Minderjähriger vorgeworfen. 

Foto: dpa/Ashlee Rezin

Als einen Mann, der seinen Ruhm ausnutzte, Minderjährige physisch, psychisch und sexuell zu dominieren, hat die Anklage in ihrem Eröffnungsplädoyer den Musiker R. Kelly dargestellt. „In diesem Fall geht es nicht um einen Star, der gerne viel feierte“, sagte Staatsanwältin Maria Cruz Melendez am Mittwoch in dem seit Jahren erwarteten Prozess. „Das ist der Fall eines Raubtiers“.

Die Verteidigerin des 54-Jährigen Sängers sagte den Geschworenen des Bundesgerichts in New York hingegen, nicht die Klagenden, sondern Kelly sei das Opfer. Und zwar Opfer von Frauen, von denen einige „den Ruch“ genossen hätten, „ihren Freunden erzählen zu können, dass sie mit einem Superstar zusammen sind“, sagte Anwältin Nicole Blank Becker.

Cruz Melendez sagte, Kelly habe Kinder und Frauen zu sich gelockt, indem er ihnen sogenannte Backstage-Pässe gegeben hätte, die zum Zugang hinter die Bühne berechtigten. Manchmal habe er sie nach Hause oder ins Studio kommen lassen, um sie „zu dominieren und zu kontrollieren, physisch, psychisch und sexuell“. Kelly habe oft Geschlechtsakte mit Minderjährigen aufgezeichnet. Er habe ein Unternehmen aufgebaut, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter loyal und eifrig bemüht gewesen seien, „jeden einzelnen der Wünsche und Forderungen des Angeklagten zu erfüllen“. Seine Popularität habe ihm Zugang zu Mädchen, Jungen und jungen Frauen ermöglicht.

Die Verteidigerin widersprach. „Er hat sie nicht rekrutiert. Sie waren Fans. Sie kamen zu Mr. Kelly.“ Becker forderte die Geschworenen auf, die Aussagen, die im Prozess folgen würden, genau zu prüfen. „Sie wussten genau, auf was sie sich einließen. Es war kein Geheimnis, dass Mr. Kelly mehrere Freundinnen hatte. Er war ziemlich transparent.“ Es wäre sehr weit hergeholt zu glauben, Kelly habe ein ausgeklügeltes kriminelles Unternehmen aufgebaut wie ein Mafia-Boss. Die Jury werde sich mit einem „Haufen Lügen“ von Frauen mit einer Agenda auseinandersetzen müssen. „Gehen Sie nicht davon aus, dass alle die Wahrheit sagen.“

Die Strafverfolger in Brooklyn haben mehrere mutmaßliche Opfer ausfindig gemacht sowie Menschen aus dem Umfeld, die bislang nicht öffentlich über ihre Erfahrungen mit Kelly gesprochen haben. Von ihnen werden Aussagen zu Managern, Bodyguards und anderen Mitarbeitern des Musikers erwartet, die ihm geholfen haben sollen, Frauen und Mädchen zur Ausbeutung und zum Missbrauch herbeizuholen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Umfeld vor, Opfer bei Konzerten und anderen Veranstaltungen ausgesucht zu haben. Kelly bestreitet jeden Missbrauch.

Die Frauen und Mädchen wurden nach Angaben der Strafverfolger von Mitarbeitern Kellys über Regeln in Kenntnis gesetzt, die etwa vorsahen, dass sie nicht miteinander sprachen. Sie seien aufgefordert worden, den Musiker um Erlaubnis zu bitten, um zu essen oder zur Toilette zu gehen. Den Angaben nach mussten sie den 54-Jährigen „Daddy“ nennen.

Kellys Verteidigung sagt, bei den mutmaßlichen Opfern handele es sich um „Groupies“, die klar gemacht hätten, dass sie alles tun würden, um mit R. Kelly zusammen zu sein. Sie seien mit ihren Missbrauchsvorwürfen erst an die Öffentlichkeit gegangen, als sich das öffentliche Meinungsklima gegen das frühere Idol gerichtet habe.

Die Brooklyn-Bezirksrichterin Ann Donnelly hatte im Juli einen Antrag abgelehnt, Kelly gegen Kaution auf freien Fuß zu lassen. Gegen den Musiker laufen weitere Verfahren in den US-Staaten Illinois und Minnesota.

(june/dpa)
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