Journalist und "Welterklärer" Peter Scholl-Latour wird 90

Düsseldorf · Der Kriegsreporter Peter Scholl-Latour blickt auf ein bewegtes Leben zurück – mit 200 Stempeln in seinen Pässen kennt er die Welt wie seine Westentasche. Am Sonntag wird er 90 Jahre alt.

Journalist und "Welterklärer": Peter Scholl-Latour wird 90
Foto: AP, AP

Der Kriegsreporter Peter Scholl-Latour blickt auf ein bewegtes Leben zurück — mit 200 Stempeln in seinen Pässen kennt er die Welt wie seine Westentasche. Am Sonntag wird er 90 Jahre alt.

Er kennt den letzten Kaiser von China noch persönlich, flog einst mit dem iranischen Revolutionsführer Khomeini aus dem Exil nach Teheran — und schlug sich mitten im Vietnamkrieg durch den Dschungel. So richtig gut geht es Peter Scholl-Latour nur, wenn die Gefahr im Nacken sitzt und Kanonenschüsse aus der Nähe zu hören sind.

Der berühmteste Kriegsreporter Deutschlands feiert am Sonntag seinen 90. Geburtstag. Er selbst bezeichnet sich inzwischen als "Dinosaurier". Und denkt trotzdem noch lange nicht ans Aufhören. Vor kurzem war er noch im Libanon, in wenigen Tagen geht es in den Tschad. "Ich muss wieder raus", sagt er.

Seit 68 Jahren unterwegs

Seit er 1945 als französischer Fallschirmspringer in Indochina landete, ist Peter Scholl-Latour unterwegs — seit nunmehr 68 Jahren. Er kennt die Welt dadurch wie seine Westentasche, hat Stempel in seinen Pässen von rund 200 Ländern und es gibt wohl kaum eine Talk-Couch, auf der Scholl-Latour als "Welterklärer" noch nicht Platz genommen hat — und in gewohnt nuschelndem Ton von der blutigen Kongo-Krise, von der Gefangenschaft des Vietcong oder vom Marsch mit den afghanischen Mudschaheddin erzählt hat.

Seinen guten Draht zu Ayatollah Khomeini begründet er mit seiner fundamentalistisch katholischen Erziehung. Der Islam, so sagte mal ein Kabarettist, habe drei Glaubensrichtungen: Sunniten, Schiiten — und Peter Scholl-Latour. Geboren in Bochum als Sohn eines Arztes und einer elsässisch-jüdischen Mutter, wuchs er als Verfolgter auf. Seine Eltern schickten ihn aufs Schweizer Internat, doch 1940 verboten die Nazis die Zahlungen ins Ausland. Verzweifelt versuchte Scholl-Latour nach seinem Abitur in Deutschland, sich dem französischen Widerstand und dann Titos Partisanen in Jugoslawien anzuschließen. Er wurde verhaftet, kam kurz vor Kriegsende in Gestapo-Haft.

Der "Zeit" sagte er: "Ich habe in jenen Tagen entdeckt, dass das Böse existiert. Um gesittet zu leben, bedarf der Mensch wohl einer gewissen Zucht, einer Strenge, also einer Religion, wie immer man das nennen will." Seine Ansichten über Folter und Flecktyphus sind erstaunlich: "Persönlich möchte ich auf diese Erfahrung nicht verzichten." Sie habe ihn "abgehärtet". Für alle Kriege danach. "Sicher ist man nie", sagt er über seine Reisen. Eine Waffe aber wäre das letzte, was der Kriegsreporter einstecken würde. In Krisen helfe nur: "Reden, reden, reden."

(RP)
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