Publizist stirbt im Alter von 90 Jahren Peter Scholl-Latour — Autor, Journalist und "Welterklärer"
Berlin · Der deutsch-französische Journalist und Publizist Peter Scholl-Latour ist tot. Der mit vielen Journalisten- und Medienpreisen ausgezeichnete Autor starb am Samstag im Alter von 90 Jahren. Das bestätigte eine Sprecherin der Ullstein-Verlage unserer Redaktion.

Peter Scholl-Latour: Bilder aus seinem Leben
Der Autor starb nach schwerer Krankheit in Rhöndorf am Rhein, wie die Ullstein-Buchverlage in Berlin mitteilten. Scholl-Latour war mit Reportagen über ferne Länder bekanntgeworden und schrieb Bestseller wie "Der Tod im Reisfeld".
Viele seiner mehr als 30 Bücher erzählen von Krisen, Konflikten und Kriegen. Damit landete er fast immer Bestseller. Viele seiner 32 Bücher erzählen von Kriegen. Ob "Der Wahn vom Himmlischen Frieden", "Allah, Blut und Öl", "Afrikanische Totenklage", "Welt aus den Fugen" — sein Buch "Tod im Reisfeld" (1979) über den Vietnam-Krieg ging eine Million Mal über die Ladentheken. Scholl-Latour prägte das Bild der Deutschen von der arabischen Welt, von Asien und Afrika nachhaltig. Auch fürs Fernsehen berichtete der gebürtige Nordrhein-Westfale aus fernen Ländern.
Seit er 1945 als französischer Fallschirmspringer in Indochina landete, war der Kriegsreporter in der Welt unterwegs, mehr als 200 Stempel hatte er in seinem Pass. Und kaum eine Talk-Couch, auf der Scholl-Latour als "Welterklärer" noch nicht Platz genommen hatte.
Geboren in Bochum als Sohn eines Arztes und einer elsässisch-jüdischen Mutter, wuchs er als Verfolgter auf. Seine Eltern schickten ihn aufs Schweizer Internat, doch 1940 verboten die Nazis die Zahlungen ins Ausland. Verzweifelt versuchte Scholl-Latour nach seinem Abitur in Deutschland, sich dem französischen Widerstand und dann Titos Partisanen in Jugoslawien anzuschließen. Er wurde verhaftet, kam kurz vor Kriegsende in Gestapo-Haft.
Der "Zeit" sagte er: "Ich habe in jenen Tagen entdeckt, dass das Böse existiert. Um gesittet zu leben, bedarf der Mensch wohl einer gewissen Zucht, einer Strenge, also einer Religion, wie immer man das nennen will." Seine Ansichten über Folter und Flecktyphus sind erstaunlich: "Persönlich möchte ich auf diese Erfahrung nicht verzichten." Sie habe ihn "abgehärtet". Für alle Kriege danach. "Sicher ist man nie", sagt er über seine Reisen. Eine Waffe aber wäre das letzte, was der Kriegsreporter einstecken würde. In Krisen helfe nur: "Reden, reden, reden."
Die Zeit als Regierungssprecher im Saarland, WDR-Fernsehdirektor oder "Stern"-Chefredakteur blieben Episoden in Scholl-Latours Leben. Beim WDR führte er die Lach- und Sachgeschichten ein und bereitete die "Sendung mit der Maus" vor. 1963 wurde er Leiter des neuen ARD-Studios in Paris, seine Reportagen aus dem Kongo machten ihn zum populärsten Fernsehreporter.