Prozess gegen Ex-Filmmogul gestartet Harvey Weinstein erscheint mit Gehhilfe vor Gericht

New York · Vor mehr als zwei Jahren lösten schwere Vorwürfe sexueller Belästigung gegen Harvey Weinstein die #MeToo-Bewegung aus. Am Montag hat in New York der Prozess gegen den früheren Hollywood-Mogul begonnen. Sein Auftreten rief Entrüstung hervor.

 Harvey Weinstein verlässt das Gericht nach dem ersten Verhandlungstag.

Harvey Weinstein verlässt das Gericht nach dem ersten Verhandlungstag.

Foto: AFP/KENA BETANCUR

Schon die ersten Bilder sorgen für eine Welle der Empörung: Mit einer Art Rollator als Gehhilfe humpelt der 67 Jahre alte Harvey Weinstein am Montagmorgen zum Auftakt seines Prozesses wegen sexueller Übergriffe ins Gericht. Der Körper in schwarzem Anzug und Krawatte gebeugt, die Haare verwuschelt. Das sei doch alles nur Show, werfen ihm kurz darauf Tausende in den sozialen Medien vor. Weinstein wolle Mitleid erregen und sich als gebrochenen alten Mann darstellen.

Vor dem Gericht erwarteten den früheren Hollywood-Mogul bereits Dutzende Frauen, die ihm sexuelle Übergriffe vorwerfen, darunter die Schauspielerinnen Rosanna Arquette und Rose McGowan. „Lieber Harvey, was auch immer du dir selbst für Lügen erzählst - du hast das alles getan“, sagt McGowan vor Journalisten. „Du hast dir das alles selbst zuzuschreiben, weil du so vielen Menschen wehgetan hast.“

"Die Zeit der sexuellen Belästigung an allen Arbeitsplätzen ist um", sagte Arquette. Das gelte auch für "die leeren Entschuldigungen ohne Konsequenzen" und die "Kultur des Schweigens", die das Verhalten von Männern wie Weinstein erst ermöglicht habe.

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Anwältin Gloria Allred, die einige der Frauen vertritt, sagte, der Prozess werde genau beobachtet, „um zu sehen, ob ein reicher, mächtiger, berühmter Mann, dem die sexuelle Misshandlung von so vielen Frauen vorgeworfen wird, vor Gericht wirklich Rechenschaft ablegen muss.“

Richter James Burke eröffnete den Prozess am Obersten Gericht des Bundesstaates New York im Süden Manhattans, wollte am Montag aber zunächst nur gerichtliche Formalitäten erledigen. Am Dienstag sollte dann die Auswahl der Geschworenen-Jury beginnen, die bei so einem schlagzeilenträchtigen Prozess mehrere Tage dauern kann. Einige Beobachter gehen in diesem Fall sogar von bis zu zwei Wochen aus. Weinstein will einem Gerichtssprecher zufolge aber stets anwesend sein.

Mehr als 80 Frauen, darunter bekannte Stars wie Angelina Jolie, Ashley Judd, Uma Thurman oder Salma Hayek, haben Weinstein in den vergangenen Jahren sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Der Prozess, der bis zu zwei Monate dauern könnte, dreht sich aber nur um die Vorwürfe von zwei Frauen - eine von ihnen soll Weinstein 2006 zum Oral-Sex gezwungen haben, die andere soll er 2013 vergewaltigt haben. Bei Verurteilung droht Weinstein eine lebenslange Haftstrafe.

Entscheidend wird sein, ob der Fall, der 2017 die MeToo-Ära der Kritik an einem Muster sexualisierten männlichen Machtmissbrauchs eingeläutet hat, auch vor einem Strafgericht besteht. Der Ausgang ist völlig offen. Die Staatsanwälte müssen juristisch beweisen, dass Weinstein sich der Vergewaltigung, krimineller sexueller Handlungen und räuberischer sexueller Übergriffe schuldig gemacht habe. Der 67-Jährige hat immer wieder betont, jegliche Handlungen seien einvernehmlich gewesen.

Die Anschuldigungen gegen Weinstein, im Herbst 2017 von der „New York Times“ und dem Magazin „New Yorker“ veröffentlicht und später mit dem Pulitzer-Preis gekrönt, traten die MeToo-Bewegung los. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der Weinstein-Opfer wieder und begannen, sie unter dem Schlagwort „Me too“ („Ich auch“) zu sammeln.

Aus dem Internet erwuchs daraus zusammen mit der Kampagne TimesUp (Deutsch: Die Zeit ist um) eine mächtige Bewegung gegen Machtmissbrauch, gegen Gewalt gegen Frauen und für Gleichberechtigung. Ihre Ausläufer erreichten die letzten Winkel vieler Branchen und Gesellschaften, zahlreiche auch berühmte Menschen verloren ihre Jobs - wie etwa der Komiker Louis C.K. oder der Schauspieler Kevin Spacey. Als einziger Verurteilter der MeToo-Ära gilt bisher der Entertainer Bill Cosby, der seit 2018 wegen sexueller Nötigung im Gefängnis sitzt. Die öffentlichen Vorwürfe gegen ihn begannen allerdings schon Jahre vor dem Skandal um Weinstein.

Am Abend wurde Weinstein zusätzlich auch in Los Angeles wegen mutmaßlicher Sexualverbrechen formal beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft der kalifornischen Großstadt erklärte, dem 67-Jährigen würden wegen zwei Fällen aus dem Jahr 2013 Vergewaltigung und ein sexueller Angriff zur Last gelegt.

(felt/dpa)
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