Erst peinlicher Podcast, dann Entschuldigung Die schlechten Scherze des Luke Mockridge

Meinung | Düsseldorf · Der Komiker Luke Mockridge hat mit einem misslungenen Scherz zu den Paralympischen Spielen für Entrüstung gesorgt. Nun rudert er zurück. Und verliert vorerst seine Show beim TV-Sender Sat1.

Comedian Luke Mockridge (Archivbild).

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Diese Leute müssen irgendetwas tun, damit sie dort bleiben, woraus sie sich nach eigener Wahrnehmung entfernt haben: im Gespräch. Die eine rasiert sich unter einer Fichte nahe Bielefeld die Achsel und postet das unter der dramatischen Zeile „Kahlschlag im Teutoburger Wald“. Der andere stapelt Klopapierrollen auf dem Times Square und schreibt dazu: „Shit happens everywhere!“. So funktioniert Marktwert: irgendwas Bescheuertes machen. Scheinwerfer auf sich lenken. Follower anfixen. Viral gehen.

In dieser Systemkette hat dieser Tage der Entertainer Luke Mockridge etwas rausgehauen, was noch weitaus blöder ist als jene beiden Beispiele (die selbstverständlich erfunden sind). Der 35-Jährige hat vor einigen Wochen in einem Podcast über Athletinnen und Athleten der Paralympischen Spiele in Paris gesagt: „Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen."

Dieser Satz wurde erst jetzt publik. Sogleich erhob sich ein Sturm: Er habe diese Sportler verhöhnt, dieser Satz sei menschenverachtend, unterste Schublade, hieß es. Die im Rollstuhl sitzende zweimalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel bezeichnete die Aussagen als „unfassbar". Schnell legte Mockridge nach: Er habe „bei der Arbeit mit behinderten Menschen immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid."

Mockridge hat sich benommen wie ein Amateur. Wer in ein Mikrofon spricht, sollte dessen Funktion kennen. Selbstverständlich verachtet Mockridge „Menschen mit Behinderung“ nicht, weder wollte er sie verhöhnen noch verspotten. Er wollte vielmehr eine jener satirischen Zoten reißen, für die es ein schräges Milieu gibt. Erinnert sich jemand an den Witz von Rainer? „Allen Kindern steht das Wasser bis zum Hals, nur nicht Rainer. Der ist kleiner.“ Dieser Witz trat an, als Witz verstanden zu werden. Und er gedieh im gleichen Nonsensklima wie die Szene im Film „Die Ritter der Kokosnuss“ der Komikertruppe Monty Python, die einen schwarzen Ritter ohne Arme und Beine mit Hoffnung auf den Sieg gegen König Artus kämpfen ließen. Dieser Humor besaß einen erzählerischen Kontext und glückte dort als brillante Schote.

Diese Umgebung fehlte Mockridges Satz. Wenn er ihn im scherzhaft-privaten Couchgespräch mit lauter paralympischen Athletinnen und Athletinnen gesagt hätte, die selbst oft ein robustes, unweinerliches, selbstironisches Verhältnis zu ihren Einschränkungen besitzen – dann, ja dann hätte der Satz in kleinem Kreis möglicherweise sogar Lacher gehabt. Er erfolgte aber vor uneingeweihtem Podcast-Publikum gänzlich voraussetzungslos, ohne Vorankündigung. Deshalb war er in jeder Hinsicht misslungen.

Übrigens: Sat.1 nimmt eine Show des Komikers aus dem Programm. Der Sender habe sich entschieden, seine neue Show „Was ist in der Box?“ am 12. September nicht zu starten, teilte ein Sprecher mit. Auch wir wenden, was jenen Podcast und die aktuelle Aufmerksamkeit für ihn betrifft, am besten eine hilfreiche Funktion unserer Endgeräte an: löschen.