Rückblick "Kessler-Zwillinge" lebten in ständiger Angst vorm Vater

Hamburg (rpo). Die "Kessler-Zwillinge" haben ausführlich von ihrer Kindheit und Jugend erzählt. Sie hätten beide in ständiger Angst vorm gewalttätigen Vater gelebt, der sie vor anderen zur Schau gestellt habe "wie kleine Zirkushunde". Außerdem blickten sie auch mit Bitterkeit auf die Gegenwart: Sollte eine von ihnen sterben, ließe sich "Leere und Sinnlosigkeit" nur "mit einem Haus voller Hunde und Katzen" füllen.

Alice und Ellen Kessler führen ihre lebenslange Nähe vor allem auf die Furcht vor dem gewalttätigen Vater zurück: "Unsere Angst vor seiner blinden Wut und das Gefühl, uns an niemand anderem festhalten zu können, hat uns für alle Zeiten zusammengeschweißt", sagen sie der Zeitung ZEIT. Ihr "Aneinanderklammern" habe daher "tiefere Wurzeln" als ihre Zwillingsbeziehung: "Bei uns war es auch Überlebensinstinkt."

Ihr Vater habe sie schon früh zur Schau gestellt: "Weil er so stolz auf seine beiden hübschen Zwillingstöchter war, ließ er uns zwei, drei Meter vor sich herlaufen und genoss die Kommentare von verzückten Spaziergängern ... Ab und zu schleppte er uns in seine Stammkneipe und ließ uns vortanzen, Akkordeon spielen und Kunststückchen vorführen, die er uns beigebracht hatte. Wie kleine Zirkushunde." Nachts hätten sie oft "mit angehaltenem Atem im Bett" gelegen" in der Angst, dass "unser Vater im nächsten Moment betrunken ins Elternschlafzimmer torkeln und unsere Mutter mit Beleidigungen überziehen würde, manchmal auch mit Gewalt".

Ein Leben ohne die andere ist für beide nur schwer vorstellbar: "Wenn eine von uns beiden früher als die andere stirbt, wen wollten wir überhaupt am Grab sehen? Zusammengezählt gibt es nicht mal eine Hand voll Menschen, denen wir wirklich trauen." Als sie kürzlich ihr Erbe der Organisation Ärzte ohne Grenzen vermachten, seien "reihenweise Bittsteller" aufgetaucht, "unter anderen vermeintliche Cousins und Cousinen, von denen wir noch nie gehört haben". Wer so lange im Rampenlicht gestanden habe wie sie, "vermutet meist, dass jemand irgendwas im Schilde führt, wenn er Nähe sucht. Deswegen haben wir eigentlich nur eine Idee, wie wir die Leere und Sinnlosigkeit im Ernstfall alleine füllen könnten. Mit einem Haus voller Hunde und Katzen. Allesamt dankbare Wesen ohne Hintergedanken."

(gms2)
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