Mario Adorf zum "Ritter wider den tierischen Ernst" gekürt Jecke Spitzen gegen Manager

Aachen (RPO). Am Ende könnte sich der Glamour-Faktor für den Aachener Karnevalsverein ausgezahlt haben. 1600 begeisterte Jecken feierten am Samstagabend den frisch gekürten "Ritter wider den tierischen Ernst", Mario Adorf, im Aachener Eurogress.

Mario Adorf bekommt Orden "Wider den tierischen Ernst"
8 Bilder

Mario Adorf bekommt Orden "Wider den tierischen Ernst"

8 Bilder

Der Schauspieler war wegen seines "feinsinnigen Humors" und seines "schlagfertigen Witzes" mit der höchsten Auszeichnung des Aachener Karnevals geehrt worden. Der 78-Jährige sorgte mit seiner starken Ritterrede für den Höhepunkt der über dreistündigen Festsitzung.

Zum großen Finale war der neue Ordensritter in seine Paraderolle als Generaldirektor Heinrich Haffenloher aus Helmut Dietls TV-Klassiker "Kir Royal" zurückgekehrt. Er sei in diesem Jahr nur der Ersatzmann für Politiker, kokettierte Adorf, denn die müssten ihren Humor für die Tage nach der Wahl aufbewahren.

Den in Aachen üblichen Redner-Käfig mied er: "Hinter Gitter gehe ich nicht", beteuerte er, fand sanft-ironische Worte für gestrauchelte "Leidensgenossen" wie Klaus Zumwinkel und freute sich auf die Verschrottungsprämie für seinen betagten Rolls Royce.

Das Publikum war entzückt

Im zweiten Teil seiner Rede verwandelte sich der glänzend aufgelegte Adorf in einen typischen Büttenredner - und zeigte mit beachtlicher Klasse, wie viel Wirkung man mit perfektem Timing auch aus mehr oder weniger betagten Witzen holen kann.

Das Publikum in Aachen war jedenfalls entzückt und feierte den neuen Ritter mit Sprechchören. Der Präsident des Aachener Karnevalsvereins (AKV), Horst Wollgarten, pries Adorf als "Weltstar und Grandseigneur des deutschen und internationalen Films". Allerdings konnte sich Wollgarten die Anspielung auf eine vermeintlich dunkle Stunde in Adorfs Karriere nicht verkneifen. Schließlich hat Adorf als Karl-May-Bösewicht Santer einst Winnetous Schwester Nscho-tschi gemeuchelt.

In der wie üblich kräftig überzogenen Sitzung sorgten besonders die Show-Nummern für Akzente. Einen starken Auftritt lieferte auch Gloria Fürstin von Thurn und Taxis, die im vergangenen Jahr zur Ritterin gekürt worden war, als Laudatorin ab. Sie schlüpfte in die Rolle einer Klatschreporterin und zeigte dabei viel Sinn für Selbstironie. So beichtete sie eine langjährige gestörte Beziehung zu Friseuren und bekannte, dass ihr gelegentlich ein Mundschutz nicht schaden würde.

Adorf macht den Reich-Ranicki

Die letzte Schrecksekunde gehörte wieder Adorf. Für einen Moment gab er den Marcel Reich-Ranicki, der im vergangenen Jahr den deutschen Fernsehpreis überraschend nicht annehmen wollte. Doch zur Erleichterung der Aachener Jecken verweigerte sich Adorf dem jecken Ritterschlag nicht.

Ob sich der Enthusiasmus der Aachener ausgezahlt hat, wird sich am Montagabend (9. Februar) zeigen, wenn die Zusammenfassung der Festsitzung im WDR-Fernsehen (20.15 Uhr) ausgestrahlt wird. Für den AKV steht einiges auf dem Spiel, denn der Fernsehvertrag mit dem WDR läuft aus. Ob und zu welchen Konditionen verlängert wird, ist offen, denn zuletzt lief es im Fernsehen nicht gerade gut für die Aachener Jecken.

Im vergangenen Jahr wurde die Aufzeichnung noch zur besten Sendezeit am Sonntagabend in der ARD gezeigt. Allerdings schalteten nur 4,43 Millionen Zuschauer ein, der "Tatort", der ansonsten auf diesem Sendeplatz läuft, hat ein deutlich größeres Publikum. Wegen der schlechten Quote wurde die Aufzeichnung nun ins WDR-Fernsehen verschoben und um 45 Minuten gekürzt.

Weitgehend humorfreier Preisträger

Nicht der einzige Rückschlag, den der AKV zu verkraften hatte. So erwies sich 2006 die Rede von Ritter Friedrich Merz (CDU) als stark von einer im Internet kursierenden Vorlage inspiriert. Schlimmer noch lief es vor zwei Jahren, als der Zeitplan der Livesendung völlig entgleiste und sich der neue Ordensritter Joachim Hunold als weitgehend humorfrei erwies.

Zudem konnte Laudator Friedrich Merz zum Entsetzen des verantwortlichen WDR in seiner Rede gleich zehnmal den Namen von Hunolds Airline unterbringen. Seit diesem Abend wurde die Ordensverleihung nicht mehr live übertragen.

(DDP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort