Rudi Assauer spricht über seine Alzheimer-Krankheit "Ich kämpfe - weiß nur nicht, gegen wen"

Düsseldorf · Der große Fußballmanager steht vor einem Foto, auf dem er einen Schalker Spieler auf den Kopf küsst. "Den habe ich auch geholt. Wie hieß der denn nochmal?". Rudi Assauer fällt der Name nicht mehr ein, er hat Alzheimer. Der 67-Jährige geht offensiv damit um. In einer TV-Doku und einer Autobiografie erzählt er von seiner Veränderung.

Prominente mit Alzheimer und Demenz
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Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Der langjährige Manager des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 ist mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit gegangen. Er wird mit seiner Tochter Betty, die ihn bei sich zuhause aufgenommen hat, in der Sendung "Volle Kanne" zu Gast sein. Es ist nach Assauers eigenen Angaben das einzige Mal, dass er zu diesem Thema in einer TV-Sendung auftreten wird. Das ZDF hat den 67-Jährigen zudem für die "37Grad"-Dokumentationsreihe ein Jahr mit der Kamera begleitet.

Der Film zeige die Erfolge und Niederlagen seines Lebens und dokumentiere das rasche Fortschreiten der Demenz, teilte der Sender mit. Assauer wollte sich mit diesem Film offenbaren. Er sei immer geradeaus und immer hilfsbereit gewesen, habe Fußball auf hohem Niveau gespielt, "jetzt auf einmal ist alles vorbei", sagte der ehemalige Schalke-Manager.

"Kein Mensch kann dir helfen, diese Krankheit kriegst du nicht in den Griff", sagte Assauer. Er habe eine Wut im Bauch, dass er nicht mehr mithalten könne. Er denke: "Was willst du eigentlich noch?" Eines auf jeden Fall: Er wolle mitbestimmen, wann und auf welche Weise die Öffentlichkeit von seiner Krankheit erfährt.

Das will der 67-Jährige auch in seiner Biografie, die nun erscheint. Im "Stern" berichtet er darüber in einem langen Gespräch. Das Magazin veröffentlicht exklusiv aus der Biographie, die er mit dem Münchener Journalisten Patrick Strasser verfasst hat.

Assauer nennt die Krankheit eine "Katastrophe", die sich in seinem Kopf abspiele. Im Buch führt er aus: "Ich erkenne gewisse Leute, zum Teil alte Freunde und gute Bekannte, auf den ersten Blick nicht mehr - das ist einfach nur schlimm für mich, eine Qual. Ich kann sie dann nicht direkt mit Namen ansprechen, bin unsicher. Im Grunde möchte ich in diesen Momenten nur weg."

Gerüchte um Alkoholprobleme

Die ersten Vorboten der Krankheit seien 2004 oder 2005 aufgetaucht, noch in seiner Zeit als Manager von Schalke 04. Erst im Januar 2010 begab sich der heute 67-Jährige in ärztliche Behandlung. Der Schritt an die Öffentlichkeit geschehe nun auch, um Gerüchten über eine Alkoholsucht entgegenzutreten.

"Man sollte das Kind beim Namen nennen. Zack, bumm", schreibt Assauer laut "Stern". "Das soll hiermit geschehen, dann wissen es alle und müssen nicht mehr hinter meinem Rücken tuscheln. Also offenes Visier: Hier bin ich, das ist mein Problem. Wenigstens wissen die Leute nun auch ein für alle Mal, dass ich keinen Alkohol mehr trinke."

Nach Informationen des Magazins finden sich in dem Buch keine Passagen, in denen er etwa den Klub-Vorstand, der ihn aus Schalke vertrieb, oder frühere Partnerinnen bewusst angriff. Der einstige Fußballmanager war vor allem während seiner Partnerschaft mit Schauspielerin Simone Thomalla häufig in den Schlagzeilen gewesen. Assauer wolle keine Schlachten mehr schlagen, erklärt er, und das könne er auch nicht mehr.

"Ich kämpfe. Weiß nur nicht, gegen wen", sagte Assauer in dem Interview. Ob er manchmal über den Tod nachdenke? "Ja", antwortete der 67-Jährige, "ich denke an meinen Bruder." Sein 13 Jahre älterer Bruder Lothar lebt seit Jahren als Pflegefall auf einer Demenzstation. Auch ihre Mutter war früh an Demenz erkrankt.

In der TV-Dokumentation des ZDF sind es vor allem die stillen Momente, in denen die Tücke der Krankheit besonders deutlich wird. Denn äußerlich hat sich der gelernte Stahlbauschlosser, der erst als Fußballer und dann als Manager Karriere machte, nicht. Die dicke Zigarre, die sein Macho-Image unterstreicht, die modische Brille und die zurück gekämmten Haare sind zum Markenzeichen des 67-Jährigen geworden.

Es ist erschütternd, wenn dieser Fußball-Haudegen vor einem Foto als erfolgreichen Zeiten steht und schweigen muss. Weil er einfach nicht mehr weiß, dass es der Schalker Lincoln war, den er auf dem Bild auf die Stirn küsst.

Mit Agenturmaterial

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