Interview mit dem musikalischen Komiker Helge Schneider - zu faul für Burn-out

Mülheim/Ruhr (RP). Nachdem der Musiker und Entertainer Konzerte aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, wird er im August seine "Buxe voll!"-Tour fortsetzen. Ein Gespräch über Burn-out, Atemprobleme und Kontrollwahn.

Die vielen Gesichter des Helge Schneider
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Es ist viel spekuliert worden über die gesundheitlichen Probleme, mit denen Helge Schneider zuletzt auf der Bühne zu kämpfen hatte. Nach Konzertabsagen will der 55-jährige Mülheimer jetzt wieder auf Tour gehen.

Es heißt, Sie wollen 107 Jahre alt werden und immer noch auf der Bühne stehen oder vielleicht auch liegen. Haben Sie denn noch so viel zu erzählen?

Schneider Nein, so viel habe ich gar nicht zu sagen; ich will einfach nur so alt werden.

107 Jahre ist eine große Perspektive. Dabei mussten Sie jetzt kürzer treten und aus Gesundheitsgründen Ihre Tournee unterbrechen. Was ist passiert?

Schneider Ich musste zwei Konzerte absagen, weil ich plötzlich auf der Bühne keine Luft mehr bekommen habe. Es war kein Kollaps, aber annähernd. Wahrscheinlich habe ich vorher einfach zu viel gegessen. Danach habe ich mich checken lassen und sogar einen Krankenschein bekommen. Da habe ich mir gedacht: Andere Leute gehen auch nicht arbeiten, wenn sie einen Krankenschein haben, dann sage ich mit meinem ärztlichen Attest auch die Konzerte ab.

Es wurde auch spekuliert, Sie hätten ein Burn-out-Syndrom?

Schneider Ich glaube nicht, dass ich jemals ein Burn-out-Syndrom kriegen könnte, weil ich in meinem Job so gut wie gar nicht fremdbestimmt bin. Und außerdem bin ich für ein Burn-out-Syndrom auch viel zu faul. Allenfalls bin ich ein Workaholic, aber das trifft es in meinem Beruf auch nicht so richtig.

Was treibt Sie denn zur Arbeit an?

Schneider Ich muss alles in der Hand haben, muss selbst die Plakate entwerfen. Das muss alles aus einem Guss sein.

Das hört sich schwer nach Kontrollwahn an.

Schneider Ist es aber nicht. Denn bei mir ist es etwas ganz Spezielles: Ray Charles brauchte nur ein Plakat, auf dem Ray Charles draufstand, The King of Soul oder so was. Aber bei mir? Die Veranstalter wollen immer noch ein Motto, und das muss ich mir auch noch einfallen lassen. Ray Charles war nie in der Verlegenheit, sich ein Motto einfallen zu lassen.

Das Motto muss aber nicht zum Programm passen?

Schneider Überhaupt nicht. Das muss nur erwähnt werden. Und dann entsteht zu dem Motto ein Foto.

Wie bei Ihrem jüngsten Programm "Buxe voll!".

Schneider Genau. Um Missverständnissen vorzubeugen, habe ich mir in der Metro die größte Hose gekauft und alle Instrumente reingesteckt. In Sachsen-Anhalt weiß man vielleicht nicht, dass bei uns Buxe Hose heißt. Darum habe ich das gemacht.

Und die Verkäuferin hat beim Hosenkauf nicht komisch geguckt?

Schneider Die gucken ja gar nicht hin; die gucken nur auf diesen Strichcode.

Waren die Kreislaufprobleme vielleicht auch ein Warnsignal dafür, dass Sie einfach zu viel gemacht haben?

Schneider Ich habe mich auf der Bühne zu sehr verausgabt. Ich habe ein paar Komponenten der Show hintereinander gemacht, die der Körper nicht kann. Ich habe eine rasend-schnelle Vibrafon-Nummer gespielt und mich danach sofort ans Klavier gesetzt. Im Sitzen habe ich dann langsam gespielt und langsam gesungen. Mir ist schon früher immer mal wieder aufgefallen, dass diese Stelle extrem anstrengend ist.

War es ein Atemproblem?

Schneider Die Lungen werden nicht mehr so richtig durchblutet. Dann müsste man sich eigentlich hinlegen und Beine hoch — ganz einfach. Und dann habe ich in der Pause auch noch so viele Würstchen gegessen; das ist gar nicht gesund. Vor einem Konzert sollte man schön Mittagessen und spätestens um sechs Uhr dann nur noch ein Butterbrot.

Kann man nach Oslo als Komiker unvoreingenommen auf die Bühne gehen?

Schneider Für mich gibt es da keinen direkten Zusammenhang. Ich würde weder sagen: Jetzt erst recht, noch: Vorsicht, Vorsicht. Aber ich hätte mir gewünscht, wenn es in den Medien nur bei kleinen Meldungen geblieben wäre und der Attentäter mit Foto nicht diese Bühne bekommen hätte. Jetzt, wo die Bühne da ist, könnte es viele geben, die zwar keine Nachahmer werden, die aber doch denken, dass er in manchen Dingen recht hätte.

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