Angeblicher Antisemitismus-Vorfall Gil Ofarims Anwalt äußert sich zur Anklage gegen den Sänger

Düsseldorf/Hamburg · Im Oktober hatte Sänger Gil Ofarim behauptet, von einem Hotel-Mitarbeiter wegen seiner Davidstern-Kette judenfeindlich behandelt worden zu sein. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Sänger aufgenommen. Jetzt spricht sein Anwalt.

 Sänger Gil Ofarim.

Sänger Gil Ofarim.

Foto: dpa/Tobias Hase

Wenige Wochen nach der Anklage gegen den Sänger Gil Ofarim wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung und Verleumdung, hat sich nun erstmals der Anwalt von Ofarim geäußert. Gegenüber dem NDR-Medienmagazin „Zapp“ bekräftige Markus Hennig, dass sein Mandant an seiner Behauptung festhalte, dass die von ihm ausgesagten Handlungen im Hotel so stattgefunden haben. Im Interview sagte Hennig, dass er auf einen gerichtlichen Freispruch für Ofarim hoffe. Auf die Frage, warum gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Hotelmitarbeiter kein Einspruch mehr eingelegt wurde, erklärt er: „Herrn Ofarim ging es ursprünglich ohnehin nicht darum, jetzt hier eine einzelne Person verantwortlich zu machen, sondern ihm ging es darum, auf etwas aufmerksam zu machen, was ihm passiert ist und was er für inakzeptabel hält in den heutigen Zeiten.“ Auf die Rückfrage im Interview, ob Ofarim an seiner ursprünglichen Darstellung zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin festhält, antwortet er: „Davon können Sie ausgehen.“

Die Staatsanwaltschaft wirft Ofarim falsche Verdächtigung und Verleumdung vor. Demnach habe sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in dem Leipziger Hotel „The Westin“ nicht so zugetragen, wie Ofarim es in einem Video geschildert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen einen Hotelmitarbeiter wurde eingestellt.

Der Musiker hatte das Video am Abend des 4. Oktober 2021 vor dem Hotel aufgenommen und darin gesagt, dass ihn ein Mitarbeiter des Hotels aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Am nächsten Morgen veröffentlichte er es auf Instagram. Das Video ging viral und löste zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus. Ofarim erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an. Ofarims Insta-Account war am Donnerstag nicht mehr zu finden.

Die Staatsanwaltschaft hat in den vergangenen Monaten einen großen Aufwand betrieben, um aufzuklären, was in der Hotellobby vorgefallen ist. Es wurden zahlreiche Zeugen befragt, ein Digitalforensiker wertete Aufnahmen von Überwachungskameras aus dem Hotelbereich aus. „Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Gil Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet“, teilte die Anklagebehörde mit.

Stattdessen gebe es einen hinreichenden Tatverdacht dafür, dass Ofarim das Video „mit dem Wissen um die Unwahrheit seiner Aussagen“ aufgenommen und gepostet habe. „Dies begründet den Tatvorwurf der Verleumdung und der falschen Verdächtigung“, so die Ermittlungsbehörde. Später habe er seine Behauptungen bei der Polizei wiederholt. Wegen der besonderen Bedeutung des Falles habe die Staatsanwaltschaft die Anklage nicht zum Amtsgericht, sondern zum Landgericht Leipzig erhoben. Dieses muss nun entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker zulässt. Ofarim ist der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim (1937-2018) und in Deutschland aufgewachsen.

Im „Zapp“-Beitrag äußerte sich auch der Direktor des „Westin“-Hotels in Leipzig, in dem sich der Vorfall ereignete. „Das war ein Orkan, der über uns hereingebrochen ist“, sagte Andreas Hachmeister dem Magazin. Die weltweite Pressenachfrage sei kaum zu bewältigen gewesen. Neben den Medienanfragen seien auch Hassanrufe an der Tagesordnung gewesen: „Für mich persönlich hat sich ein Teil meines Lebens geändert.“

(mja/dpa/ots)
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