Vergewaltigung wird verharmlost Umstrittenes „Donaulied“ löst Debatte über Bierzelt-Sexismus aus

Passau · Ist das wirklich ein gelungenes Lied? Das „Donaulied“, das unter anderem von Mickie Krause 2012 vertont wurde, handelt davon, wie ein schlafendes Mädchen am Ufer des Flusses vergewaltigt wird. Dagegen regt sich nun Protest. Es gibt eine Petition.

 Die Petition fordert eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Lied.

Die Petition fordert eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Lied.

Foto: dpa/Matthias Balk

Das „Donaulied“, das unter anderem von Mickie Krause 2012 aufgenommen wurde, steht massiv in der Kritik. Die Proteste über den Inhalt des umstrittenen Lieds reißen einfach nicht ab. Mit einer Online-Petition gegen das umstrittene Festzeltlied hat eine Passauer Studentin nun eine Diskussion über Sexismus angestoßen und fordert, dass das Lied in Passauer Festzelten und Kneipen nicht mehr gespielt werde. Worum geht es in diesem Lied eigentlich?

In dem Lied singt Mickie Krause unumwunden folgende Passagen:

Einst ging ich am Strande der Donau entlang

Ein schlafendes Mädel am Ufer ich fand

Sie hatte die Beine weit von sich gestreckt
Ihr schneeweißer Busen war halb nur bedeckt

Da wachte sie und sie sagte: "Komm her"
Wir hörten das Rauschen der Donau nicht mehr

Ich schamloser Jüngling, das kann doch nicht sein
Ich mach' dich zur Mutter und lass' dich allein“

Natürlich ist das Lied noch Ballermann-mäßig mit hämmernden Beats, einigen Ohs, Ohlalas und Come ons verpackt - ein klassischer Krause eben.

Aber liegt die Schuld tatsächlich bei Mickie Krause? Bei seiner Version handelt es sich lediglich um ein Cover. Denn laut Michael Fischer, dem Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik an der Universität Freiburg, stammt das Lied aus dem 19. Jahrhundert. Möglicherweise sei es im Ersten Weltkrieg in der heutigen Form entstanden: „Wenn dies stimmt, müsste man die derbe Lesart mit der Situation junger Männer im Krieg zusammenbringen.“

„Lieder dieser Machart leben von der Grenzüberschreitung“, meint der Experte. Jedoch: Der Text des Donauliedes sei aus heutiger Sicht „unerträglich, nicht nur aus der Perspektive von Frauen, sondern auch aus der Perspektive der Männer, die als Vergewaltiger dargestellt werden“. Das Singen solcher Lieder hat seiner Ansicht nach nichts mit Humor, Harmlosigkeit oder Traditionspflege zu tun.

Mit der Petition wolle die Studentin kein Verbot des Donauliedes erwirken, wie sie klarstellte. Vielmehr sollten sich die Leute mit dem Text auseinandersetzen, der Vergewaltigungen verharmlose, und dann freiwillig auf das Singen verzichten. Ihre ausländischen Mitstudenten gegenüber müsse sie sich rechtfertigen, „warum wir so etwas noch singen“. Mehr als 22.000 Unterstützer beteiligten sich bis Montag an der Petition. Aber auch Beleidigungen und Häme musste die 22-Jährige für ihre Aktion im Internet einstecken.

Schon vor gut zwei Jahren habe sie überlegt, etwas gegen das Lied zu unternehmen. Als kürzlich die TV-Moderatoren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf mit einer Sendung sexuelle Belästigung von Frauen anprangerten, sei ihr die Idee mit der Petition gekommen. Winterscheidt und Heufer-Umlauf hatten bei ihrem Sender ProSieben 15 Minuten freie Sendezeit erspielt und sie für das ernste Thema genutzt. Dafür gab es viele positive Reaktionen aus dem Netz. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Medien zeigten sich bestürzt und berichteten von ähnlichen Erfahrungen - von sexueller Belästigung bis hin zu sexueller Gewalt.

(mit dpa-Material)
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