Gefängnisstrafe in England Britische Medien rechnen mit früher Entlassung von Boris Becker

London · Britische Medien spekulieren, Boris Becker könnte noch vor Weihnachten aus der Haft in Großbritannien entlassen werden. Drohen ihm nach der Abschiebung in Deutschland juristische Konsequenzen?

Der ehemalige Tennis-Profi Boris Becker vor seinem Strafprozess im April

Der ehemalige Tennis-Profi Boris Becker vor seinem Strafprozess im April

Foto: dpa/Alberto Pezzali

Ex-Tennis-Star Boris Becker droht im Falle einer Abschiebung aus britischer Haft nach Deutschland keine weitere Strafe. „Für dasselbe Vergehen oder Verbrechen kann man nicht mehrfach strafrechtlich verfolgt werden“, sagte die Rechtsanwältin Natalie von Wistinghausen der Deutschen Presse-Agentur. „Dahinter steckt der Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“, also das Verbot der Doppelbestrafung.“ Auch die Rechtsanwältin Gül Pinar, Mitglied des Ausschusses Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV), betonte: „Er kommt als freier Mensch an.“

Britischen Medienberichten zufolge steht Beckers Freilassung und umgehende Abschiebung kurz bevor. „Er wird vom Gefängnis direkt von der Polizei zum Flughafen gebracht“, sagte Pinar. Normalerweise würden Abschiebehäftlinge mit Linienflügen ausreisen und in Deutschland in Frankfurt am Main landen. Möglich sei aber auch, dass Becker mit einem Privatjet das Land verlässt, in dem er seit rund zehn Jahren lebt. Diese Variante spekuliert die britische Boulevardzeitung „Daily Mail“.

Der dreifache Wimbledon-Sieger war Ende April zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen. Nach britischem Recht muss Becker eigentlich mindestens die Hälfte der Strafe absitzen, bevor er auf Bewährung entlassen werden kann. Das wäre Ende Juli 2023 der Fall. Da der 55-Jährige aber nicht britischer Staatsbürger ist, könnte er von einem Schnellverfahren profitieren, mit dem ausländische Häftlinge schneller abgeschoben werden sollen, um den Druck auf die überfüllten britischen Gefängnisse zu lindern.

Nach seiner Abschiebung darf Becker aller Voraussicht nach längere Zeit nicht nach Großbritannien einreisen, obwohl dort seine Partnerin wohnt. Der Zeitung „Mirror“ zufolge gilt das Einreiseverbot mindestens so lange, wie seine eigentliche Strafe gewährt hätte, also bis Ende Oktober 2024. Anwältin Pinar sagte, dass der Zeitraum normalerweise länger sei und mindestens fünf Jahre betrage.

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Offen ist bisher auch, ob Becker sich an bestimmte Bewährungsauflagen zu halten hat. Dabei werde in der Regel mindestens vorgeschrieben, dass ein Wohnortwechsel bei den Behörden anzuzeigen ist, sagte Pinar. Doch hier könnte Becker der Brexit zugute kommen. Seit dem britischen EU-Austritt könnten etwaige Bewährungsauflagen nicht mehr auf der Grundlage von EU-Recht in Deutschland überwacht werden, teilte das Bundesjustizministerium auf Anfrage mit. „Eine isolierte Vollstreckung von Bewährungsauflagen sehen andere völkervertragliche Rechtsgrundlagen nicht vor“, hieß es weiter.

Zwar könnte möglicherweise gelten, dass sich laut dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) die Zuständigkeit deutscher Behörden aus dem Wohnsitz des Verurteilten ergebe. Sollte Becker also beispielsweise in seinem Geburtsort Leimen unterkommen, wo seine Mutter Elvira lebt, wäre die Justiz von Baden-Württemberg zuständig. Allerdings sei kein vergleichbarer Fall bekannt, „in dem eine Abschiebung nach Deutschland mit einer Überwachung von Auflagen einherging“, hieß es aus dem Ministerium.

(juju/dpa)
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