Lehrer des Dalai Lama Abenteurerlegende Heinrich Harrer gestorben

Klagenfurt (rpo). Schon zu Lebzeiten war der österreichische Abenteurer Heinrich Harrer eine Legende - im Alter von 93 Jahren starb er am Samstag in einem Krankenhaus in Friesach in Kärnten. Auf seinen Erlebnissen im Tibet der 40er und 50er Jahre basierte der Hollywood-Film "Sieben Jahre in Tibet" von 1997, in dem Brad Pitt die Rolle Harrers spielte.

Als Bergsteiger, Olympia-Teilnehmer, Tibet-Forscher, Lehrer des Dalai Lama und Bestseller-Autor war Harrer zu einem der bekanntesten Österreicher geworden. Zur Todesursache wurden zunächst keine Angaben gemacht.

Harrers Ruhm stammt aus einer Zeit, in der Reisen noch Abenteuer war und viele Regionen der Welt kaum erforscht und beschrieben waren. Am bekanntesten war Harrer für seine einzigartigen Abenteuer in Tibet, aus denen sich die lebenslange Freundschaft zum tibetischen Religionsoberhaupt, dem Dalai Lama, ergab.

Nach seiner Aufsehen erregenden Erstbesteigung der Eiger-Nordwand in der Schweiz 1938 war Harrer in die deutsche Himalaya-Expedition 1939 zum Nanga Parbat berufen worden. In Britisch-Indien wurden Harrer und seine Gefährten vom Zweiten Weltkrieg überrascht, die Briten internierten sie in einem Lager. 1944 gelang Harrer mit seinem Begleiter Peter Aufschnaiter die Flucht.

In einem gewaltigen, 21 Monate währenden Marsch überwanden die beiden Österreicher Dutzende Himalaya-Pässe und erreichten im Januar 1946 Lhasa, die Hauptstadt des damals unabhängigen Tibet. Sie hatten mehr als 2000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Bis 1951 blieb Harrer in Tibet, das damals völlig von der Außenwelt abgeschottet unter der formalen Herrschaft des minderjährigen Dalai Lama stand. Harrer wurde Erzieher, Berater und schließlich Freund des jungen Dalai Lama, der nach der blutigen Niederschlagung des tibetischen Volksaufstandes durch chinesische Truppen 1959 nach Indien flüchten musste.

Im vergangenen Sommer waren sich Harrer und der Dalai Lama zum letzten Mal begegnet. Der Österreicher war bei der Verleihung des Hessischen Friedenspreises an seinen Freund anwesend. Seine Erlebnisse in Tibet hatte er in dem Bestseller "Sieben Jahre in Tibet" niedergeschrieben. Nach seiner Rückkehr aus Tibet führte Harrer ein Leben als angesehener Abenteurer und Entdecker, dessen mehr als 20 Bücher viele Menschen mit der Welt außerhalb Europas vertraut machten.

Harrer fuhr in die Anden und zum Amazonas (1953), nach Grönland und Alaska, wo ihm 1955 drei Erstbesteigungen gelangen, in den Kongo und zum Ruwenzori (1957), nach Hawaii und Tahiti (1961). Ein Jahr darauf folgte seine schwierigste Expedition in das westliche Neuguinea, wo er 30 Gipfel zum ersten Mal bestieg und eng mit den Papuas zusammenlebte. Auf dieses Abenteuer folgten Reisen nach Nepal, Surinam, Französisch-Guyana, in den Sudan und nach Borneo. 1982 kehrte der Österreicher noch einmal nach Tibet zurück, in den Jahren danach zog es ihn nach Bhutan. Im hohen Alter bereiste er 1991 die indische Himalaya-Region Ladakh.

Harrers Vergangenheit in der Zeit der Nazi-Diktatur wurde Ende der neunziger Jahre ein Thema. Nach Medienberichten musste er eingestehen, dass er Mitglied der NSDAP und der SS gewesen war. Dies bewertete er im Nachhinein als Irrtum. Im Jahr 2002 erschien seine Autobiografie "Mein Leben".

Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel würdigte Harrer laut APA als "große und prägende Persönlichkeit" des Alpinismus. "Heinrich Harrer, dessen Leben mich fasziniert hat, verdanke ich schöne und interessante Gespräche", erklärte Schüssel. Harrer soll am kommenden Samstag in seinem Heimatort Hüttenberg beigesetzt werden. In der Kärntner Bergbaugemeinde war er am 6. Juli 1912 als Sohn eines Postbeamten geboren worden.

(afp)
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