Düsseldorf Kritik an neuer Facebook-Chronik

Düsseldorf · Das soziale Netzwerk strukturiert die Profile seiner weltweit 800 Millionen Mitglieder um. Künftig sollen alle Nutzer einen interaktiven Lebenslauf bekommen. Fotos und andere Beiträge werden chronologisch angeordnet und sind so schneller zu finden. Datenschützer mahnen zur Vorsicht.

Facebook bekommt ein neues Gesicht. Das soziale Netzwerk will die klassischen Profile seiner weltweit 800 Millionen Nutzer durch Chroniken ersetzen. Bislang war die Umstellung auf die neue Darstellungsform freiwillig, in den kommenden Wochen wird sie nun verpflichtend. Datenschützer mahnen zur Vorsicht.

Was genau ist die Chronik?

Sie ist ein interaktiver Lebenslauf. Alle Pinnwand-Einträge, Fotos und sonstigen Aktivitäten eines Nutzers werden chronologisch sortiert und an einer virtuellen Zeitleiste angeordnet. Dabei kann jeder selbst entscheiden, wem welche Beiträge angezeigt, welche gelöscht oder hervorgehoben werden. Einzelne Informationen werden so schneller gefunden. Zudem kann der Nutzer seine Chronik etwa um Fotos von wichtigen Ereignissen seines Lebens erweitern – schließlich reicht die Zeitleiste bis zu seiner Geburt zurück. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg etwa hat seiner Chronik Schulfotos beigefügt. Alle eingestellten Beiträge sind aber weiterhin nur für diejenigen sichtbar, die der Nutzer freigeschaltet hat.

Was ist noch neu?

Der Nutzer kann seiner Chronik soziale Anwendungen (Apps) hinzufügen. Mit diesen kann er Dinge, die er gerade tut – etwa Videos anschauen oder Musik hören – in die Chronik einfließen lassen. Der Sportartikelhersteller Nike etwa hat eine App für Läufer entwickelt. Sie zeigt in der Chronik an, wann, wo, wie lange und wie schnell das Facebook-Mitglied sportlich unterwegs war. Inzwischen gibt es 60 Apps für Facebook, fünf stammen von deutschen Unternehmen.

Wann wird die Chronik eingeführt?

Dazu macht Facebook keine genauen Angaben. In den kommenden Wochen werde die Chronik für alle Nutzer verfügbar, heißt es bei Facebook. Wenn es soweit ist, soll auf dem Nutzer-Profil ein Hinweis erscheinen. Facebook wird seinen Mitgliedern nicht per E-Mail über den konkreten Zeitpunkt der Einführung Bescheid geben.

Was passiert dann?

Wenn die Chronik aktiviert ist, hat der Nutzer sieben Tage Zeit, seine bisherigen Daten zu sichten, Einträge zu löschen, deren Sichtbarkeit einzuschränken oder Informationen hinzuzufügen. Nach Ablauf der Woche wird die Chronik dann für alle diejenigen sichtbar, die der Nutzer zulässt. Er kann seine Chronik auch schon früher freischalten.

Ist eine vorzeitige Freischaltung sinnvoll?

Klicksafe.de, die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz empfiehlt, die Sieben-Tage-Frist auszunutzen, um alle aufgelisteten Beiträge und Informationen sorgfältig zu überprüfen. Denn ältere Beiträge, die vielleicht schon in Vergessenheit geraten sind, können über die Sortierung eher auffallen.

Kann ich auch später noch Beiträge aus der Chronik löschen?

Ja, alle Beiträge können über das neue so genannte "Aktivitätenprotokoll" verwaltet – also auch gelöscht – werden.

Warum wird die Chronik zur Pflicht?

Bei der Vorstellung der Chronik im September 2011 auf der Entwicklerkonferenz "f8" erklärte Zuckerberg: "Irgendwann wird es einen Zeitpunkt geben, an dem es sich nicht mehr lohnt, zwei verschiedene Profilseiten weiterzuentwickeln." Anscheinend ist dieser Zeitpunkt schon jetzt erreicht.

Was sagen Datenschützer?

Facebook steht für seine Chronik in der Kritik, weil der Konzern zusätzliche Fotos und Daten seiner Nutzer einsammelt. Facebooks Geschäftsmodell bestehe darin, durch detaillierte Kenntnisse der Interessen, Lebensumstände und Verhaltensweisen seinen Mitgliedern gezielt Werbung zukommen zu lassen, sagte Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar. "Ein solches Geschäftsmodell ist nicht besonders datenschutzfreundlich und führt in der Konsequenz zum Verlust der Privatsphäre." Der NRW-Datenschutzbeauftragte, Ulrich Lepper, sagte, schon jetzt müsse jeder selbst entscheiden, wie transparent er sich für die Öffentlichkeit mache. "Bei einer chronologischen Darstellung können aber allein existierende Lücken Fragen erzeugen", so Lepper.

Internet Facebook-Fallen vermeiden – Tipps unter: www.rp-online.de/digitales

(RP)
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