Staatsanwaltschaft ermittelt im Finanzskandal Kommune gewährt 300.000 Mark-Darlehen für Sozialhilfeempfänger

Ennigerloh (rpo). Im Skandal um die Vergabe von Darlehen in Höhe von 285.000 Mark (145.000 Euro) der Stadt Ennigerloh (Kreis Warendorf) an einen Sozialhilfeempfänger ermittelt der Staatsanwalt. Die Untersuchungen richteten sich gegen einen 70 Jahre alten Rentner wegen des Verdachts des Betruges und gegen vier Mitarbeiter der Stadt wegen Untreue, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer in Münster.

Der Rentner hat laut Schweer mehrere Darlehen für das Eintreiben angeblicher Außenstände in Nigeria und Saudi-Arabien erhalten. Zum Beweis dafür habe er den Verantwortlichen der Kommune dubiose Bestätigungen aus den beiden Ländern vorgelegt.

Nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Glocke" (Donnerstagausgabe) soll es sich bei den fadenscheinigen Nachweisen um die Urkunde einer nigerianischen Bank und den Brief eines angeblichen saudischen Prinzen handeln. Das angebliche afrikanische Geldinstitut habe dem Ruheständler eine kurz bevorstehende Auszahlung von 30,5 Millionen Dollar (34,5 Mio Euro) bescheinigt. Der Prinz soll in seinem in arabischer Sprache abgefassten Schreiben eine baldige Auszahlung von rund 10 Millionen Dollar an den mittellosen Westfalen garantiert haben. Nach Eingang der Millionen aus dem Ausland wollte der Rentner seiner Heimatstadt 256.000 Euro spenden.

Laut Staatsanwalt gewährte die Stadt dem Rentner Geld für Flüge, Hotels und den Aufenthalt in Nigeria. Ob der Sozialhilfeempfänger tatsächlich nach Afrika und womöglich auch nach Asien reiste, konnte Schweer nicht sagen. Hinweise auf weitere, ähnliche Fälle in der 21.000-Einwohner-Kommune gibt es laut Schweer zurzeit nicht.

Die zweifelhaften Zahlungen wurden bei einer Prüfung des Kreises Warendorf Ende vergangenen Jahres entdeckt. In der Zeit von 1999 bis Ende 2001 wurden demnach dem 70-Jährigen die Darlehen sowie weitere 75.000 Mark Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Die Darlehen will der Kreis nun von der Stadt Ennigerloh zurückfordern. Sie seien ohne rechtliche Grundlage gewährt worden. Zudem würden disziplinarrechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen geprüft.

Stadtverwaltung hüllt sich in Schweigen

Die Stadtverwaltung Ennigerloh hüllt sich in Schweigen. "Keine Stellungnahme bis zum Ende der Sonderprüfung durch den Kreis", lautete die Antwort von Bürgermeister Hans-Ulrich Brinkmann (SPD). Von ähnlichen Vorgängen sowie der in Aussicht gestellten üppigen Spende des 70-Jährigen weiß das Stadtoberhaupt nach eigener Aussage nichts. Zu Ermittlungen auch gegen ihn, die Schweer weder bestätigte noch dementierte, nahm Brinkmann nicht Stellung.

Vor einer Masche der so genannten "Nigeria-Connection" warnt die Polizei bundesweit schon seit mehreren Jahren. In der Regel gaukeln die Betrüger ihren gutgläubigen Opfern vor, in Afrika ein Vermögen erlangt zu haben. Um an die Millionen zu kommen, werden angebliche Steuern, Notargebühren oder Schmiergelder verlangt. Nach Zahlung der Beträge hört der Geprellte dann nichts mehr von den Betrügern.

(RPO Archiv)
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