Willich Kampf gegen Drogen im Frauen-Gefängnis

Willich · In der JVA Willich II ist die Drogenabhängigkeit der Insassinnen ein großes Problem.

Willich: Kampf gegen Drogen im Frauen-Gefängnis
Foto: Bretz, Andreas

Ulrike Böhm ist die Leiterin der Frauen-Justizvollzugsanstalt Willich II. Dort sind derzeit 191 Häftlinge untergebracht. Viele Gefangene sind Mütter, die häufig Besuch von ihren Familien bekommen. In der Besucherabteilung wurden jetzt die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. "Wir haben Trennwände unter den Tischen angebracht", erklärt die JVA-Chefin. "So wollen wir verhindern, dass heimlich Drogen in die Anstalt geschmuggelt werden."

Die JVA Willich II ist das einzige eigenständige Frauengefängnis in NRW. Das Vollzugsklima wirkt angenehm, die Flure sind nett hergerichtet, die Höfe zum Teil liebevoll mit Pflanzen dekoriert. Im Erdgeschoss riecht es nach Essen, die Frauen im Flur warten darauf, zur Mittagsverpflegung eingelassen zu werden. "Anders als im Männervollzug haben wir keine Sicherheitsbedenken, die Häftlinge gemeinsam in einem Speisesaal essen zu lassen", sagt Anstaltsleiterin Böhm. Auch auf Anstaltskleidung wird verzichtet. Wüste Beschimpfungen, Schlägereien und Angriffe auf Bedienstete, die im Männer-Vollzug zum Alltag gehören, sind in der Frauen-JVA die Ausnahme. In der Haftanstalt gibt es ein anderes Problem: 60 Prozent der Gefangenen sind drogenabhängig.

In NRW sind 18 204 Haftplätze für Männer und 1037 für Frauen vorgesehen. Die JVA Willich II ist für den Vollzug von langen Haftstrafen zuständig. "Bei den Mörderinnen sind oft Beziehungsprobleme ein Tatmotiv", erklärt Böhm. Der überwiegende Teil der Frauen aber sitzt nicht wegen Gewaltdelikten ein. Viele wurden wegen Straftaten verurteilt, die mit ihrer Drogenkrankheit in Zusammenhang stehen. Suchtdruck und Überschuldung führen oft zu Wiederholungsfällen, die in Freiheitsstrafen münden. Der Drogenmissbrauch setzt sich vielfach hinter den Gefängnismauern fort. "Der Kampf gegen den Konsum von illegalen Substanzen und das Auffinden von Drogen sind ein Schwerpunkt im Alltag der Bediensteten", betont die JVA-Chefin.

Kenner der Justizpraxis wissen, dass der Freiheitsentzug Frauen in besonderer Weise belastet. Sie werden häufiger verlassen und leiden stärker unter der Trennung von ihren Kindern als männliche Gefangene. Die Justiz bemüht sich darum, ihnen ein möglichst ungestörtes, nicht von der Anstaltsatmosphäre belastetes Zusammensein zu ermöglichen. Eine Gratwanderung — denn das Entgegenkommen kann missbraucht werden. "Ich habe schon erlebt, dass Drogen in Kinderkleidung versteckt werden", sagt die JVA-Leiterin. Deshalb seien die Bediensteten bei den Zugangskontrollen besonders wachsam.

Im Jahr 2011 wurden in der JVA Willich 8,1 Gramm Drogen gefunden. "2012 ist der Wert auf 30 Gramm angestiegen", sagt Peter Marchlewski, Sprecher des NRW-Justizministeriums. Bisweilen werden Drogen auch im Mund transportiert und beim Begrüßungskuss übergeben. Immer wieder versuchen Angehörige, die Substanzen in Briefen zu verschicken, die als Anwaltspost getarnt sind.

Mittlerweile wurde in der JVA Willich II das Mitbringen von Blumen mit Hohlstängeln verboten. Der Süßigkeitenautomat in der Besucherabteilung darf nur noch unter Aufsicht benutzt werden. Auch Spürhunde kommen in dem Gefängnis regelmäßig zum Einsatz. Die Offensive zeigt bislang Wirkung: Im laufenden Jahr 2013 sind die Drogenfunde deutlich zurückgegangen.

Gefangene, die sich auf ein abstinentes Leben vorbereiten wollen, werden in der Abteilung ZaRa ("Zusammen am Richtungswechsel arbeiten", 21 Haftplätze) untergebracht. Wer sich dort bewährt, kann mit einer vorzeitigen Entlassung in eine Therapieeinrichtung rechnen. "Das Wichtigste ist, die Gefangenen von den Drogen wegzubekommen", sagt Justiz-Sprecher Marchlewski. Es nütze nichts, wenn ein Inhaftierter zwei Jahre im Gefängnis keine Drogen nehme, aber draußen weitermache wie zuvor. Im planvollen Übergangsmanagement sieht auch Dagmar Hanses, Justiz-Expertin der Grünen, den Schlüssel zum Erfolg: "Damit Resozialisierung gelingen kann, muss die Zeit nach der Entlassung aus der Haft heraus umfassend vorbereitet werden", so die Grüne.

Peter Biesenbach, Vize-Fraktionschef der CDU, forderte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) dazu auf, sich nicht mit der hohen Zahl der Suchtkranken im Vollzug abzufinden. "Zusätzliche Urinuntersuchungen können den Kontrolldruck erhöhen", erklärte der Politiker. Wenn Hilfsangebote nicht genutzt würden, müssten die Gefangenen die Konsequenzen spüren. "Zum Beispiel durch die Streichung von Besuchszeiten", betonte Biesenbach.

(RP)
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