Düsseldorf Jülich: Castoren sollen bald rollen

Düsseldorf · Das Forschungszentrum Jülich will den Atommüll aus dem ehemaligen Forschungsreaktor ins Zwischenlager Ahaus bringen lassen. Die bisherige Lagerhalle entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Am Wochenende findet eine Kundgebung gegen die Transporte statt.

Ihr Symbol ist das "X", das bislang für den Anti-Atom-Protest im Wendland stand. Das Aktionsbündnis "Stop Westcastor" ruft jetzt in Nordrhein-Westfalen zu Demonstrationen auf. Am Sonntag protestieren Atomkraft-Gegner vor dem Forschungszentrum in Jülich. Dort lagern derzeit rund 300 000 Brennelementekugeln in 125 Castorbehältern. Das Forschungszentrum will die Altlast ins Atomzwischenlager Ahaus abtransportieren lassen. "Das wäre unverantwortlich", kritisiert Siegfried Faust, der Organisator der Demo.

Das Forschungszentrum Jülich, gestern Mittag. Rudolf Printz, Leiter des Bereichs "Nuklear-Service", öffnet den Eingang zum Hochsicherheitsbereich. Die Besucher werden von einem Wachmann abgetastet, wie sonst am Flughafen üblich. "Sie betreten das Lager auf eigene Gefahr", mahnt der Diplom-Ingenieur.

Hinter einer Schleuse liegt die rund 140 Meter lange Lagerhalle. Schwach radioaktives Material wird dort in gelben Tonnen mit der Aufschrift "Radioakativ" aufbewahrt. Ganz hinten, in einem Bereich, der lediglich durch eine Sperrkette abgetrennt ist, befinden sich die 152 "AVR-Castoren". "Keine Sorge", sagt Rudolf Printz zu den Besuchern. "Die Strahlung hier ist minimal. Wenn Sie hier mit fünf Meter Abstand 300 Stunden lang stehen würden, bekämen sie dieselbe Strahlendosis ab wie bei einem Langstreckenflug."

Guido Caspary, Leiter des Bereichs Dekontamination und Entsorgung, erläutert, warum er die wuchtigen Castoren (jeder Einzelne wiegt 27 Tonnen, ist 2,80 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 1,40 Meter) für sicher hält. "Die Behälter sind noch nie undicht geworden", sagt der Diplom-Physiker. "Die Wandstärke beträgt 40 Zentimeter. Selbst dann, wenn ein Flugzeug auf die Halle stürzen würde, nähmen die Castoren dadurch keinen Schaden." Warum sollen die Behälter dann nach Ahaus gebracht werden?

Achim Bachem ist der Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich. Die Genehmigung für das Zwischenlager auf dem Gelände laufe 2013 aus, erklärt der Professor. Um eine Verlängerung zu bekommen, müsse das Lager dem "Stand der Technik" entsprechen. Dafür müsse ein Neubau errichtet werden. Ob die Zeit dafür noch ausreiche, sei mehr als fraglich. "Ein Verbleib der Brennelemente in Jülich würde den Steuerzahler mindestens 40 Millionen Euro kosten", erklärt Bachem. Außerdem müsste das neue Lager für drei Jahrzehnte mit einem Personal- und Kostenaufwand von rund 180 Millionen Euro betrieben werden, argumentiert der Vorstandsvorsitzende. Ein Transport nach Ahaus sei "die wirtschaftlichste Lösung". Die Vertreter von Bund und Land im Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich hätten den Transport einstimmig beschlossen. "Diese Entscheidung ist für unsere Planungen maßgeblich", erklärt der Vorstandsvorsitzende.

Das Forschungszentrum Jülich hat den Transport beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter beantragt. Bei Lager- und Transportgenehmigungen für Kernbrennstoffe handele es sich um sogenannte gebundene Entscheidungen. "Das bedeutet, der Antragsteller beziehungsweise Besitzer von radioaktivem Material legt fest, wie er mit dem Material verfahren möchte und muss dafür die Nachweise erbringen, dass die Sicherheit von Mensch und Umwelt nicht gefährdet ist", erklärt ein BfS-Sprecher. "Werden alle Nachweise erbracht, dann hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung. Die Genehmigungsbehörde hat hierbei keinen Ermesssensspielraum."

Das Forschungszentrum hat bereits vier Speziallastwagen für den Transport von Jülich ins 172 Kilometer entfernte Ahaus bestellt. Die rot-grüne Landesregierung spricht sich zwar gegen die Verlagerung aus, kann sie aber letztlich ohne eine Allianz mit dem Bund nicht verhindern. "Die Demonstration am Sonntag ist der Auftakt in diesem Jahr für zunehmende Proteste", sagt Christian Markert, atompolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. "Wir können unseren Atommüll nicht einfach woanders abladen", sagt auch Jürgen Laufs, Stadtverordneter der Grünen in Jülich. Ahaus sei auch nur "Verschiebe-Bahnhof", solange es in Deutschland kein geeignetes Endlager gebe.

(RP)
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