Barbara Schöneberger "Ich habe doch schon graue Haare"

Die 44-jährige spricht über ihre Karriere als Sängerin, ihre Zurückhaltung in der #MeToo-Debatte und ihre Bewunderung für Helene Fischer.

Die 44-Jährige spricht über ihre Karriere als Sängerin, ihre Zurückhaltung in der Me-Too-Debatte und ihre Bewunderung für Helene Fischer.

Berlin Barbara Schöneberger moderiert heute Abend im Ersten den "Countdown für Lissabon". Die 44-Jährige wird dann später auch im Finale des Eurovision Song Contests (ESC) verkünden, an wen die deutsche Jury ihre Punkte vergeben hat. Wir trafen sie vorher zum Interview.

Frau Schöneberger, was sagen Sie einem Fremden, was Sie beruflich machen? Musikerin, Moderatorin, Entertainerin, Comedian?

Barbara Schöneberger Ich sage, ich arbeite fürs Fernsehen. Den Deutschen muss ich das ja nicht erklären. Wenn ich ein US-amerikanisches Visum beantrage, würde ich nicht Entertainerin eintragen. Das wäre albern bei der Einreise.

Ist Ihre Musik also Ihr Luxus-Hobby?

Schöneberger Ich sehe mich nicht als Sängerin, sondern als Hausfrau und Mutter. Die Musik war schon immer ein Luxus-Hobby. Als vor zehn Jahren mein erstes Album kam, gab es strategische Überlegungen. Ich hatte schon eine Weile für das Fernsehen gearbeitet, und dann kam die Frage, was ich als Nächstes mache. Ich kann nicht 30 Jahre lang den Echo moderieren - na gut, das hat jetzt andere Gründe. Wir scherzten über eine Unterwäsche- oder Bikinikollektion. Als mein Manager vorschlug, eine CD zu machen, dachte ich: Mensch, niemand braucht eine CD von Barbara Schöneberger. Aber mit dem Titel "Jetzt singt sie auch noch" stand das Konzept, und am Ende war es ein Erfolg.

Wobei Sie den Gesang nicht richtig gelernt haben.

Schöneberger Mein Vater hat mir immer gesagt, dass ich eine Opernausbildung machen solle, aber das fand ich uncool. Bei einer Leipziger Opernsängerin habe ich eine Stunde Unterricht genommen. Die sagte mir: ,Du atmest durch den Mund, du musst durch die Nase atmen.' Da habe ich versucht, über das Singen nachzudenken, das ging nicht gut. Heute gehe ich auf die Bühne und singe. Ich kann 30 Abende hintereinander singen, weil ich nicht darüber nachdenke. Andere singen so psychologisiert, räuspern sich ständig und haben Angst, heiser zu werden - oder man stellt sich jeden Abend hin und macht einfach. Da beneide ich Helene Fischer. Sie trainiert und trainiert und kann ein bestimmtes Niveau erreichen. Das würde ich nicht hinbekommen. Bei mir ist Talent der größte Feind der Exzellenz. Ich kann vieles ein bisschen gut, der Rest ist Spontanität.

Warum beneiden Sie Helene Fischer?

Schöneberger Helene ist ein Gesamtkunstwerk. Da kannst du nicht so wie ich sagen, ich komme um 14 Uhr, und dann proben wir das einmal durch. Bei ihr steckt etwas anderes dahinter. Ich wäre auch gerne wie sie. Dann könnte ich ganz andere Konzerte spielen, andere Tanzeinlagen proben - aber dann ist 15 Uhr, und es reicht mir.

Sie sind für viele Frauen ein Vorbild. Fühlen Sie sich in der Me-Too-Debatte herausgefordert, auch etwas zu sagen?

Schöneberger Ich werde oft eingeladen, wenn es um das Thema geht. Aber ich sage ab, weil ich keine Lust habe, mich auf politisches Parkett zu begeben. Ich bin, wie ich bin, alle Frauen sollten so sein dürfen, wie sie sind. Es gibt schlimme Übergriffe, es gibt Komplimente, die aufgebauscht werden. Mir ist das zu hysterisch, zu viel Politik.

Helene Fischer hat man vorgeworfen, dass sie in ihrer Position mehr bewegen könnte...

Schöneberger Da kann ich Helene Fischer sehr gut verstehen, dass sie nur für ihre Musik stehen möchte.

Wie politisch sehen Sie sich ?

Schöneberger Ich verhalte mich nicht politisch, auch wenn mein Verhalten manchmal so verstanden wird. Ich will nicht lesen, "Schöneberger sagt euch, wie ihr zu leben habt." Meine Meinung ist: Jede Frau muss so leben können, wie sie will. Sie kann arbeiten gehen, sie kann eine Horde Kinder bekommen oder eben keins. So stelle ich mir eine moderne, emanzipierte Frau vor. Wenn du dich bei der Me-Too-Debatte einmischst, kannst du nur verlieren.

Also halten Sie sich lieber raus?

Schöneberger Ich bin natürlich der Meinung, Frauen sind keine Opfer. Aber wenn wir uns mit vielen Frauen unterhalten, dann sind eben doch welche dabei, die Opfer sind. Ich sehe mich nicht als Opfer und finde Frauen sollten sich auch nicht in eine Opferrolle reinreden lassen. Von daher bin ich da die Falsche und kann nicht immer mitreden. Das überlasse ich dann lieber Sophia Thomalla.

Das neue Album "Eine Frau gibt Auskunft" ist kein Beitrag zur Debatte?

Schöneberger Nein! Es geht bei meiner Musik um Zwischenmenschliches und bei Me-Too geht es von oben nach unten. Ich habe versucht, ein Album zu machen, das möglichst viele Frauen anspricht. Viele Frauen sollen sich wiederfinden. Es spiegelt nicht mein Leben wider, ich bin nicht getrennt, und mein Mann hat keine 23-jährige Freundin ... glaube ich...

Egal ob im Fernsehen oder auf dem roten Teppich, viele halten Sie für uneitel. Sind Sie es?

Schöneberger Es gibt selten einen Punkt, an dem ich eitel bin: Bei Dingen, die bleiben, wie beim Foto für ein CD-Cover, bin ich es. Das habe ich aber erst jetzt gelernt. Als ich mit 25 in dem Geschäft angefangen habe, kam ein Visagist, der malte dich schlecht an, sagte, es sehe super aus, das glaubst du. Irgendwann verstehst du dann, dass es am besten ist, wenn du dich selbst kümmerst. Ich bin kein Kontrollfreak und finde es super, wenn sich andere um meine Sachen kümmern. Aber bei manchen Punkten weiß ich, dass ich es selbst besser weiß. Deswegen sage ich zu Kameramännern, die 1,65 Meter groß sind: Stellt eure Kamera auf eine Kiste, weil die Kamera höher als mein Gesicht sein muss, sonst sieht es doof aus. Früher war mir das wurscht, heute achte ich drauf. Das hat etwas mit Professionalität zu tun und nicht so sehr mit Eitelkeit. Gemessen an meinem Erfolg bin ich uneitel - mir ist alles wurscht.

Fürchten Sie, dass mit 50 die Anfragen für Moderationen abnehmen?

Schöneberger Im Gegenteil! Es gibt dann doch ganz andere Zielgruppen. Und wie wir alle wissen, gibt es von den Alten mehr als von den Jungen. Insofern laufe ich in meine beste Zeit noch rein.

Sie sind als "Blondes Gift" berühmt geworden. Angst vor grauen Haaren?

Schöneberger Ich habe sie doch schon. Schauen Sie mal hier!

Wikipedia schreibt "Schönebergers bislang größter Erfolg war 'Blondes Gift'" - stimmt das?

Schöneberger Das ist eine Unverschämtheit. Das ist 20 Jahre her. Wir haben vor allem durch Wiederholungen die Deutschen durchdrungen. Es war aber das entscheidendste Projekt für mich. Es hat mich auf die Schiene gesetzt, auf der ich heute noch fahre.

Wie kalkuliert ist Ihre Karriere?

Schöneberger Wenn die Zuschauer sagen, "die Barbara ist eine von uns", dann gehört das zu meinem Geschäftsmodell, aber ich habe mir das nicht von Anfang an so überlegt. Es gibt Karrieren, die am Reißbrett entstanden sind. Ich habe immer aus dem Bauch entschieden. Das Unperfekte gehört bei mir dazu. Das fing schon bei "Blondes Gift" an. Eigentlich wurde mir die große Show versprochen, aber dann klappte die Deko zusammen. Das ist gut angekommen, und du gehst immer dahin, wo die Lacher sind.

Wann kommt die nächste 20.15-Uhr-Sendung mit Ihnen?

Schöneberger Die "NDR-Talkshow" ist weiter mein Zuhause. Ich bekomme jede Woche Angebote, für die ich sie aufgeben müsste. Das mache ich nicht. Ich mache den Bambi, den Eurovision Song Contest, den Deutschen Radiopreis, bis vor Kurzem den Echo. Dann brauche ich nicht noch eine eigene Show.

MICHAEL BRÖCKER UND DANIEL FIENE FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(RP)
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