Ominöse Kastration "Hoden-Holger" freigesprochen

Düsseldorf (dpa). Mit einem Freispruch für den wegen Versicherungsbetrugs angeklagten "Hoden-Holger" ist am Donnerstag der Prozess vor einem Düsseldorfer Amtsgericht zu Ende gegangen. Nach der Beweisaufnahme sah es auch die Staatsanwaltschaft als eindeutig erwiesen an, dass sich der 28-Jährige auf keinen Fall selbst mit einem Küchenmesser kastriert haben konnte, und ließ die Anklage fallen.

Der 28 Jahre alte Handelsvertreter war seinen Angaben zufolge im Dezember 1996 von zwei maskierten Unbekannten, darunter möglicherweise eine Frau, in seiner Wohnung überfallen worden. Diese hätten ihn zur Herausgabe von Geld aufgefordert. Nachdem sie jedoch nur 50 Mark erbeuteten, hätten sie ihn gezwungen, seine Hose herunter zu ziehen und sich in die Hocke zu begeben. Daraufhin hätten sie ihm von hinten mit einem Küchenmesser die Hoden abgetrennt und diese in die Toilette gespült. "Obwohl ich seit Jahren Kampfsport betreibe, konnte ich mich in dem Moment nicht wehren", sagte der Angeklagte.

Zweifel der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft dagegen hatte an der Version des 28- Jährigen gezweifelt. Dieser, so die Anklage, habe sich selbst kastriert, um die Versicherungssumme seiner vor Jahren abgeschlossenen Unfallversicherung abzukassieren. "Er konnte nicht davon ausgehen, dass er die volle Summe von 60 000 Mark bekommt", widersprach dagegen ein Versicherungsvertreter. Diese hätte er nur bei einer Ganzkörperlähmung oder einer vollen Berufsunfähigkeit erhalten. Weil bei dem 28-Jährigen seit dem Unfall jedoch lediglich die Zeugungsfähigkeit verloren gegangen sei, habe ihm die Versicherung nur die Hälfte ausbezahlt.

Auf die Idee, einen Antrag an die Versicherung zu stellen, sei er nicht einmal selbst gekommen. "Die Initiative kam ganz klar von mir, ich musste ihn regelrecht dazu überreden, an die Versicherung heran zu treten", sagte sein Schwager vor Gericht aus.

Aus Sicht des behandelnden Urologen habe sich der Angeklagte nicht selbst solche Wunden zufügen können. "Wer als Mann schon einmal einen Fußball drauf bekommen hat, weiß, wie groß die Schmerzen an dieser Stelle sein können". Die Wunde habe damals jedoch eindeutig darauf hingedeutet, dass die Tat nicht mit einem einzigen Schnitt ausgeführt wurde. "Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemand an sich selbst durchzieht", sagte der Mediziner.

(RPO Archiv)
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