Köln Hinterm Horizont geht's weiter

Köln · 2018 fliegt Alexander Gerst wieder ins All. Im Europäischen Astronauten-Zentrum in Köln hat er gestern seine nächste Mission vorgestellt: "Horizons" - Horizonte. In seinen Koffer packt er auch 30.000 Schülerwünsche.

In knapp elf Monaten wird der deutsche Astronaut Alexander Gerst (41) nach 2014 zu seiner zweiten Mission in der Internationalen Raumstation ISS starten. Erneut wird er im Dienst der Europäischen Weltraumagentur ESA sechs Monate an Bord sein. "Horizons" hat er seine Mission getauft, Horizonte. "Wir sind ein Inselvolk im Weltraum", sagt Gerst. Inselvölker hätten gelernt, Boote und Schiffe zu bauen - um getrieben von Neugier in den Ozean aufzubrechen zu den Welten jenseits des Horizonts. Und so sieht er sich selbst und die anderen Astronauten an Bord der ISS. Mond und Mars seien die neuen Kontinente jenseits des Horizonts.

Mit jeder Mission werde der Horizont auch wissenschaftlich erweitert. Sei es bei der Krebsforschung oder durch Erkenntnisse zum Immunsystem. In der Schwerelosigkeit "können wir Zellen an Bord der ISS in der Schwebe wachsen lassen, was den Vorgängen im Körper näherkommt als eine Petrischale", erklärt er. Aber auch in der Quantenphysik und bei der Materialforschung biete die Raumstation einzigartige Bedingungen. Jeder in die Raumfahrtwissenschaft investierte Euro bringe 1,80 Euro, sagt die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Pascale Ehrenfreund.

Der Aufbruch zu neuen Horizonten zeigt sich auch im Logo der Mission, das zusammen mit Studenten der Hochschule Darmstadt entwickelt wurde: Vor einem Horizont ist die Bahn eines Flugkörpers zu sehen, unter dem stilisierte Vögel fliegen. Je nach Sichtweise kann es auch ein Gesicht sein, das zu den Sternen blickt, oder einen Helm samt Astronauten darstellen, der die Erde hinter sich lässt. Die ISS taucht ebenfalls nur stilisiert auf - und erinnert so auch an einen Viermaster aus vergangen Zeiten, als die Menschheit in Segelschiffen zu neuen Horizonten aufbrach.

Zu denen bricht auch Alexander Gerst auf. In der zweiten Hälfte seiner Mission übernimmt der Deutsche das Kommando über die sechsköpfige Mannschaft an Bord der ISS. Er ist nach dem Belgier Frank de Winne erst der zweite Europäer in dieser Funktion. "Was Astronauten auszeichnet, ist die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, der Chef zu sein und doch gleichzeitig in einem großen Team zu arbeiten", sagt der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Jan Wörner.

Die ISS sei ein Beispiel dafür, wie Menschen aus verschiedenen Kontinenten und mit diversen Nationalitäten zusammenarbeiten können. Was im Weltraum möglich sei, könne auch auf der Erde funktionieren. Und mit den Daten, die an Bord der ISS gesammelt werden und die von Satelliten stammten, "ist es unsere erste Aufgabe, diesen Planeten lebensfähig zu erhalten und nicht möglichst schnell einen anderen Planeten zu besiedeln", meint der Generaldirektor. Auch wenn er es nicht sagt, so ist das doch ein Seitenhieb gegen US-Milliardär Elon Musk, der möglichst schnell eine Mars-Kolonie aufbauen möchte.

Trotz seiner Aufgaben will Alexander Gerst noch Zeit finden, um Experimente zu machen, die Studenten und Schüler vorgeschlagen hatten. Zudem nimmt er ein besonderes Gepäckstück mit: eine Kugel von 13 Zentimeter Durchmesser mit einer drei Millimeter dicken Hülle. Es ist eine Zeitkapsel mit den Zukunftswünschen von mehr als 30.000 Schülern. Sie werden mit Gerst die Erde umkreisen. Nach seiner Rückkehr wird die Kapsel dem Bonner Haus der Geschichte übergeben und erst 2068, also 50 Jahre später, geöffnet. "Vielleicht sind manche der Wünsche wahr geworden. Vielleicht sind wir dann schon auf dem Mars", sagt Pascale Ehrenfreund.

(jov)
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