Washington Hatte Gandhi deutschen Liebhaber?

Washington · Mahatma Gandhi, der "Vater Indiens", soll einem deutschen Architekten in inniger Liebe verbunden gewesen sein. In einem Aufsehen erregenden Buch beruft sich ein amerikanischer Biograf, Joseph Lelyveld, auf einen bislang ignorierten Briefwechsel zwischen der Symbolfigur des gewaltlosen Widerstands und seinem deutsch-jüdischen Freund Hermann Kallenbach. Demnach sollen die beiden von 1908 bis 1910 eine intime Beziehung gehabt haben.

Hermann Kallenbach war nach Südafrika ausgewandert, wo er sich im Häuserbau einen hervorragenden Namen machte. Mohandas Karamchand Gandhi praktizierte als Anwalt in der Stadt Durban, bevor er 1915 in seine indische Heimat zurückkehrte. Folgt man der Geschichte, wie sie Lelyveld in "Great Soul: Mahatma Gandhi and His Struggle With India" erzählt, lebten sie zwei Jahre in einer von Kallenbach entworfenen Villa zusammen. Sie hätten einander "Liebe und noch mehr Liebe" geschworen, "eine Liebe, von der sie hofften, dass die Welt sie noch nicht gesehen hat".

Für seinen Partner soll Gandhi sogar seine Frau Kasturba verlassen haben, die er mit 13 Jahren ehelichte und mit der er vier Kinder hatte. "Du hast voll und ganz Besitz ergriffen von meinem Körper", habe er an seinen Liebhaber geschrieben und ihn aufgefordert, "nicht lüstern auf andere Frauen zu blicken". Während sich Gandhi nach den britischen Parlamentskammern den Spitznamen "Oberhaus" zulegte, nannte er Kallenbach das "Unterhaus". Die beiden Männer hielten auch später engen Briefkontakt. Hermann Kallenbach starb 1945 an Malaria.

Für Kontroversen sorgen indes auch manche Passagen über das späte Privatleben des Freiheitshelden. Noch jenseits der Siebzig soll Gandhi junge Anhängerinnen aufgefordert haben, nackt mit ihm in einem Bett zu schlafen.

Lelyveld gilt als exzellenter Fachmann. Ende der sechziger Jahre berichtete er als Auslandskorrespondent aus Indien, später für die "New York Times" aus Südafrika, wo er 1986 für ein Buch über Apartheid den renommierten Pulitzer-Preis bekam. Gleichwohl will der indische Unionsstaat Maharashtra sein neuestes Werk auf den Index setzen, während Gandhis Urenkel Tushar von mangelndem Einfühlungsvermögen spricht. Für eine "westlich orientierte Person" sei es offenbar schwer zu verstehen, "dass es Beziehungen geben kann, die keine sexuelle Note haben".

(RP)
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