Gottschalks großes Finale

Bei seinem Abschied von "Wetten, dass..?" erreichte Thomas Gottschalk eine Traumquote: 14,73 Millionen Zuschauer sahen zu, wie der Moderator noch einmal bewies, warum er der König der Samstagabend-Unterhaltung ist – und wieso es die Sendung ohne ihn künftig schwer haben wird.

friedrichshafen Um 23.18 Uhr verbeugte sich Thomas Gottschalk am Samstagabend staatstragend, sagte "Gute Nacht, es war eine tolle Zeit, auf Wiedersehen" und winkte ein letztes Mal ins Publikum. Dann war es vorbei. Nach fast 25 Jahren, 151 Sendungen und 900 Wetten verließ der 61-jährige Entertainer die große Bühne von "Wetten, dass..?". Stolze 14,73 Millionen Zuschauer sahen den Abschied, der ohne Tränen und ohne große Emotionen auskam. Gottschalk lieferte das, was er am besten kann – eine unaufgeregte, aber unterhaltsame Show.

Als der letzte Wettkönig seiner Amtszeit gekürt war und eine Abschiedshymne die letzten Minuten der Ära Gottschalk einläutete, war Moderatorin Andrea Kiewel im Publikum nicht die einzige, die mit den Tränen kämpfte. Das Publikum erhob sich von den Sitzen, an der Decke flammte in dicken Lettern der Schriftzug "Danke, Thomas". Nur Gottschalk selbst stand gleichmütig vor der Kamera, öffnete seine Arme und entschuldigte sich: Angeblich hatte er keine Worte zum Abschied vorbereitet.

Er sprach sie trotzdem – unsortiert, aber ergreifend. "Unterhaltung muss man nicht ernst nehmen", sagte Gottschalk. Auch er habe sich nie ernster genommen als das, was er für seine Zuschauer präsentiert habe. "Das waren Seifenblasen, die sind zerplatzt, aber es waren wunderbare Seifenblasen." Um nichts anderes ging es dem Moderator auch beim Abschied. Er wollte kein Feuerwerk mit großen Emotionen. Er wollte Seifenblasen. Nett, amüsant, aber keineswegs ernst zu nehmen.

Wie in all den Jahren plauderte er mit der großen Prominenz ebenso fröhlich wie mit seinen Gästen aus dem normalen Leben, die mit ihren Wetten "diese Sendung immer am Leben erhalten haben", wie Gottschalk respektvoll sagte. In seiner letzten Sendung war dies allen voran Wettkönig Daniel Langemeyer (21), der wettete, dass 50 seiner Turnkollegen im Salto auf einen Tisch springen und sich dort zu einer Menschenpyramide stapeln können. Für Nadine Schommer (23), die jede von Gottschalks 150 Kleiderkombinationen den einzelnen "Wetten, dass..?"-Sendungen zuordnen konnte, gab es vom Moderator einen Kuss auf den Mund. Das war der volksnahe Gottschalk, den die deutsche TV-Gemeinde in fast 25 Jahren so schätzen und lieben gelernt hat.

Doch ebenso deutlich wurden die altbackenen Schwächen und Längen der Sendung. Es ist dieses antiquiert wirkende Sofa, das Sorgen bereitet, wenn es um die Zukunft von "Wetten, dass..?" geht. Wer den lockeren Gesprächen auf diesem Überbleibsel aus einer anderen Fernsehzeit zuhört, merkt schnell, dass dies nur am Rande etwas mit Unterhaltung zu tun hat. Gottschalks alte Bekannte aus der Welt der Prominenz – unter anderem Lenny Kravitz, Iris Berben und Til Schweiger – trugen nicht viel zum Gelingen des Abends bei. Ein Problem, das das Format schon vor dem schweren Unfall von Samuel Koch zu einem umstrittenen Auslaufmodell machte.

Doch das war Gottschalk an diesem Abend herzlich egal. Der alte Schwerenöter wollte es noch mal allen zeigen. Er war noch frecher als sonst, setzte neben seinen traditionellen verbalen Entgleisungen sogar kleine Spitzen in Sachen "Wetten, dass..?"-Nachfolge. "Wenn ein paar Leute applaudieren, hast du alles richtig gemacht", erklärte er einem jungen Zuschauer, den er beim erstmals live ausgestrahlten "Warm Up" mit dem Publikum vor der Show mit aufs Sofa nahm, über seine Aufgabe als Moderator.

Zweimal wurde es dann doch emotional. Zum einen, als Co-Moderatorin Michelle Hunziker ihrem Thomas rührend eine Torte ans Herz legte, die sie ihm zum Abschied mitgebracht hatte. "Du musst jetzt unbedingt ein Stückchen essen, Thomas", sagte sie. Wie ein Mädchen, das ihrem Papa mit viel Liebe etwas gebacken hat. Hunziker hatte schon vorher gesagt, dass der Abschied sehr hart für sie werde. Und dann gab es nach Gottschalks Rede noch die innige Umarmung von Günther Jauch, der in den 80er Jahren mit Gottschalk im Radio moderierte und seitdem eine enge und herzliche Freundschaft zu ihm pflegt.

Dann stand Gottschalk ganz alleine da, auf seiner Bühne. Er entließ das Publikum mit dem Appell, dass der Samstagabend auch nach ihm eine Zukunft habe. "Wir Unterhalter sind ein bisschen wie Spuren im Sand, das Wasser geht drüber und es kommen andere – mit denen werden sie genauso viel Spaß haben. Und das ist gut so", sagte er. Die Gesichter im Saal sprachen eine andere Sprache.

(RP)
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