Gottschalk geht zur ARD

Nach seinem Abschied bei "Wetten, dass..?" verliert das ZDF seinen Star-Moderator ganz an das Erste. Dort soll Gottschalk ab 2012 im Vorabend-Programm die "unterhaltsamen Themen des Tages" präsentieren.

HAMBURG/Köln Keine vier Wochen währte die Schamfrist, bis Thomas Gottschalk gestern nach dem erfolgreichen Finale von "Wetten, dass..?" auf Mallorca seinen vollständigen Abschied vom Zweiten Deutschen Fernsehen ankündigte. Obwohl sein ZDF-Vertrag noch bis Mitte 2012 läuft, will Gottschalk bereits ab Januar vor der "Tagesschau" von montags bis donnerstags "unterhaltsame Themen des Tages" präsentieren.

Er sei künftig für den " ganz normalen täglichen Wahnsinn neben Politik, Seuchen und Finanzkrisen" zuständig, so Thomas Gottschalk zum Konzept, dass ihn selbst ein bisschen an seine Radio-Anfänge erinnere. Das soll bedeuten: Gottschalk sendet aus einem Studio ohne Publikum. Die Show soll jeweils 30 Minuten dauern, Gottschalk lädt Gäste aus den Bereichen "Lifestyle, Entertainment und Kultur" ein. Eine Zuschauer-Beteiligung soll über Internetplattformen wie Twitter, Facebook oder Skype erfolgen.

Die derzeitige ARD-Vorsitzende Monika Piel, im Hauptberuf WDR-Intendantin, bezeichnete Gottschalk als "großen Gewinn" für das Erste. Für ihren eigenen Sender dürfte das auf jeden Fall zutreffen. Redaktionell zuständig für die Gottschalk-Sendung sollen der WDR und seine kommerzielle Tochter WDR mediagroup sein. Das Pikante an der Konstruktion: Produziert werden soll die Sendung ausgerechnet von der Kölner Grundy Light Entertainment – jenem Fernseh-Zulieferer, der im RTL-Auftrag bisher dafür zuständig war, Gottschalk beim ZDF mit den Casting-Shows von Dieter Bohlen die Quote am Samstagabend möglichst zu demolieren.

Dass der WDR und die ARD auf einen kommerziellen Anbieter setzen, ist kein Zufall: Gottschalk ist eine Investition in genau das schmale Zeitfenster, in dem die ARD Werbung verkaufen darf. Seit einem Jahr sind Programmdirektor Volker Herres und ARD-Vorabendkoordinator Frank Beckmann mit dem Umbau der zwei Sendestunden vor der Tagesschau beschäftigt. Der Kurs liegt klar auf Quote und Verkäuflichkeit. Nach und nach sollen gleich vier neue Serien den Vorabend bestimmen, die alle dem Volkstheater-Vorbild des "Großstadtreviers" folgen: leicht verständlicher Witz statt komplizierter Humor, gern mit leichtem Dialekt-Einschlag vor einer Fototapeten-Heimat-Kulisse.

In Produktion befindet sich inhaltsreduzierte Krimi-Schonkost mit Titeln wie "Nordisch herb" und "München 7", Wolke Hegenbarth soll als Polizeisekretärin "Alles Klara" die ARD jung aussehen lassen. Auch Kai Pflaume und Dieter Nuhr sollen im ARD-Vorabend antreten, mit Thomas Gottschalk dürfte der Umbau dann der vorläufigen Vollendung entgegen schreiten. Gottschalk und seine bisherigen Konkurrenten von Grundy arbeiten aktuell in Los Angeles am Konzept seiner künftigen Show, weitere Details will die ARD "im Laufe der nächsten Wochen" bekanntgeben.

Das ZDF bedauerte pflichtgemäß Gottschalks Wechsel zur ARD, von dem der Moderator den künftigen ZDF-Intendanten Thomas Bellut und ZDF-Showchef Manfred Teubner vorab informiert hatte. Über die Abwerbung kann das ZDF sich nicht beklagen, die Mainzer selbst hatten 2010 mit der Verpflichtung des ARD-Moderators Jörg Pilawa in Sachen Unfreundlichkeit vorgelegt. Allerdings hängte die ARD die Konfliktlatte zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Riesen nun deutlich höher.

Bereits im Juni, noch vor Gottschalks "Wetten, dass..?"-Abschied, spekulierten Herres und Beckmann öffentlich, Gottschalk könne ja vielleicht schon im Oktober vor den Grundy-Kameras im ARD-Auftrag stehen. Seine Entscheidung – natürlich für die ARD – erwarte man spätestens Mitte August. In der ARD soll sich besonders WDR-Chefin Piel für den Einkauf Gottschalks stark gemacht haben. Sollte sich das ZDF mit Hape Kerkeling als "Wetten, dass..?"-Moderator inzwischen tatsächlich einig sein, könnte Jörg Pilawa die für Gottschalk geplanten ZDF-Shows übernehmen.

(RP)
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