Foodwatch zu Ferrero-Skandal „Salmonellen kann man nicht schmecken“

Interview | Berlin · Nach Salmonellen-Fällen in mehreren Ländern musste der Süßwarenhersteller Ferrero eine Fabrik in Belgien schließen. Kann man jetzt bedenkenlos Kinder-Schokoladenhasen zu Ostern kaufen?

 Das Unternehmen Ferrero hat in etlichen Ländern Produkte seiner Kinder-Süßwarenserie zurückgerufen.

Das Unternehmen Ferrero hat in etlichen Ländern Produkte seiner Kinder-Süßwarenserie zurückgerufen.

Foto: dpa/Victoria Jones

Erst Salmonellen, dann Werkschließung – und all das eine Woche vor Ostern. Schon seit Monaten wusste der Süßwarenhersteller Ferrero von einem Problem in einer belgischen Fabrik. Die Behörden haben nun die Notbremse gezogen. Dass der Kinder-Schokoladen-Hersteller nicht früher gehandelt hat, ärgert die Verbraucherorganisation Foodwatch maßlos. Andreas Winkler gehört seit 2010 zum Foodwatch-Team. Der 40-Jährige Politologe leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Herr Winkler, Ferrero ruft reihenweise Produkte zurück, die Verbraucher sind verunsichert. Kann man Ferrero-Schokohasen- und Eier jetzt zu Ostern denn kaufen?

Andreas Winkler Die zurückgerufenen Produkte werden jetzt nicht in den Regalen liegen. Wer verunsichert ist, kann aber auf dem Portal lebensmittelwarnung.de nachsehen, welche Produkte exakt vom Rückruf betroffen sind, und die Mindesthaltbarkeitsdaten abgleichen.

Neben Osterprodukten wurden inzwischen auch einige Weihnachtsartikel zurückgerufen. Das ist doch schon fast vier Monate her…

Winkler Ja, und deshalb wird wohl niemand mehr einen Schokoladen-Nikolaus haben, die sind ja längst aufgegessen. Dass vor Ostern Weihnachtsprodukte zurückgerufen werden, ist an Absurdität nicht zu überbieten. Diese scheibchenweise Erweiterung des Rückrufs ärgert uns bei Foodwatch sehr.

 Der Politologe Andreas Winkler, 40,  leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von „Foodwatch“ in Berlin.

Der Politologe Andreas Winkler, 40, leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von „Foodwatch“ in Berlin.

Foto: Foodwatch/Sabrina Weniger

Kennen Sie dieses Problem schon?

Winkler Leider ja. Der Fall zeigt wieder, was schief läuft im System der Lebensmittelüberwachung. Wir weisen bei jedem neuen Lebensmittelskandal auf die Schwachstellen hin – es ändert sich aber nichts.

Was läuft denn schief?

Winkler Das EU-Lebensmittelrecht schreibt vor, dass Hersteller ihre Lieferketten lückenlos verfolgen können müssen, vom Werk bis ins Supermarktregal. Das hat aber bei Ferrero offenbar nicht gut funktioniert, wenn man sieht, dass der Rückruf immer wieder erweitert wurde. Die Probleme waren ja seit Monaten bekannt. Dazu kommt, dass die öffentlichen Warnungen viel zu spät erfolgt sind.

Am 15. Dezember wurde ein erster Salmonellen-Fall in der belgischen Ferrero-Fabrik bekannt. Passiert sowas häufig?

Winkler Man muss sagen: So etwas kann durchaus passieren. Es lässt sich nicht gänzlich ausschließen. Es ist aber einfach wichtig, dass dann sofort und umfassend darüber informiert wird.

Könnte man einer Schokolade anmerken, dass sie von Bakterien befallen ist?

Winkler Nein, man kann nichts riechen oder schmecken. Salmonellen finden in Schokolade aber wegen des hohen Fettanteils leider die perfekte Umgebung, sie überleben dort sehr lange.

Was könnte dafür sorgen, dass Unternehmen transparenter mit solchen Lebensmittelverunreinigungen umgehen?

Winkler Härtere finanzielle Sanktionen könnten eine abschreckende Wirkung haben. Vor allem aber müsste die Politik Hersteller und Überwachungsbehörden gesetzlich dazu verpflichten, Probleme immer sofort offenzulegen. Ein weiteres Problem ist aber auch, dass viele Kontrollämter überlastet und personell unterbesetzt sind.

Und was kann der Verbraucher tun?

Winkler Nichts. Wir müssen uns als Verbraucher machtlos darauf verlassen können, dass die Kontrollen gut funktionieren und wir rechtzeitig gewarnt werden. Der eigentliche Skandal ist, dass sich politisch so wenig tut und dass die Schwachstellen bei der Lebensmittelüberwachung einfach nicht angegangen werden. So kommt es leider immer wieder zu kleineren oder größeren Lebensmittelskandalen.

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