Chefunterhändler bietet Rücktritt an Geiseln zu Gewaltmarsch durch Dschungel gezwungen

Manila/Jolo (dpa). Sieben Wochen nach Beginn des Geiseldramas auf den Südphilippinen zeichnet sich weiter keine Bewegung ab. Chefvermittler Roberto Aventajado (Foto) bot am Sonntag seinen Rücktritt an, um damit einer Forderung der Geiselnehmer nachzukommen. Gleichzeitig erhielt die philippinische Küstenwache den Befehl zu verstärkten Patrouillen, um eine Flucht der Kidnapper mit den Entführten auf eine andere Insel zu verhindern.

Aventajado betonte, dass seine Priorität nach wie vor das Leben der 21 Geiseln sei. „Wenn es hilft, das Leben der Gefangenen zu retten, wenn ich abtrete, dann bin ich bereit, als Leiter der Regierungsdelegation zurückzutreten.“ Die Entscheidung darüber liege bei dem philippinischen Präsidenten Joseph Estrada. Die Rebellen hatten gefordert, Aventajado durch den Exekutivdirektor des Präsidentenpalastes, Ronaldo Zamora, zu ersetzen.

Die Entführer auf der philippinischen Insel Jolo haben am Sonntag ihre weißen Geiseln zu einem Gewaltmarsch durch den Dschungel gezwungen. Die zum Teil erheblich geschwächten Gefangenen, darunter die Göttinger Familie Wallert, mussten zunächst mehrere Kilometer zu einem entlegenen Ort in den Mangrovensümpfen wandern. Dann kehrten die Geiselnehmer mit ihnen wieder zurück in die Nähe des ursprünglichen Verstecks. Nach Angaben der Polizei hielten sich die Entführten nun in der Region Tiis Kuutung auf, nur etwa einen Kilometer vom alten Rebellenlager entfernt.

Die Rebellen hatten am Samstag ihre 21 Geiseln in zwei Gruppen aufgeteilt. Während neun Malaysier und ein Philippiner im ursprünglichen Lager zurückblieben, wurden die anderen elf Geiseln, darunter die Familie Wallert aus Göttingen, in ein anderes Versteck gebracht. Dabei benutzten die Rebellen auch ein Boot. Sie befürchteten einen möglichen Befreiungsversuch durch die Armee.

Wie dpa aus philippinischen Polizeikreisen erfuhr, wird die westliche Geiselgruppe jetzt in einem Versteck im Dorf Mabahay festgehalten, drei Kilometer vom ursprünglichen Lager entfernt.

Die Abu Sayyaf-Führer hatten am Samstag gewarnt, sie würden die Verhandlungen mit der Regierung abbrechen, wenn Chefunterhändler Aventajado nicht durch einen anderen Mann ersetzt werde. Aventajado hatte einen militärischen Befreiungsversuch nicht ausgeschlossen, wenn die Rebellen „sehr unvernünftige“ Forderungen stellen sollten.

Neben drei Mitgliedern der Familie Wallert aus Göttingen waren vor sieben Wochen auch Franzosen, Finnen, Südafrikaner, Philippiner, eine Libanesin und Malaysier durch die militante Moslemgruppe von der malaysischen Taucherinsel Sipadan in den Dschungel der südphilippinischen Insel Jolo verschleppt worden.

(RPO Archiv)
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