Erste elektronische Fußfessel wird in Frankfurt eingesetzt Gefangen am Telefon

Frankfurt/Main (dpa). Erstmals können Straftätern in Deutschland elektronische Fußfesseln angelegt werden. Hessen nahm das dazu notwendige System am Dienstag in Betrieb. Die Geräte sollen von Straftätern getragen werden, die auf Bewährung freigelassenen wurden, erläuterte Justizminister Christean Wagner (CDU) in Frankfurt am Main. Es handele sich um keinen Ersatz für Haftstrafen. Vielmehr seien die Fußfesseln eine Bewährungsauflage, mit der sich der Träger einverstanden erklären muss, stellte Wagner klar.

Mit der Fessel könnten zudem Untersuchungshäftlinge besser kontrolliert werden, deren Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde. Eine kurzfristige Entlastung der überfüllten Gefängnisse sei nicht zu erwarten. Konkrete Personen, die mittels der Fessel überwacht werden, gebe es in Frankfurt noch nicht. Dies sei Sache der ordentlichen Gerichte.

Im Gegensatz zu geplanten Modellversuchen in Baden-Württemberg und Hamburg ist für die enge Anwendung in Hessen keine Änderung von Bundesgesetzen notwendig. International wird die Fußfessel unter anderem in den USA, Großbritannien, der Schweiz und Schweden angewendet.

Die Fesseln melden einem Zentralrechner, ob sich ihr Träger im 80- Meter-Umkreis der "Databox" befindet, die über das heimische Telefon mit einem zentralen Überwachungscomputer verbunden ist. Dort werden die Aufenthaltszeiten in der heimischen Wohnung mit vorher festgelegten Wochenplänen abgeglichen. Bei Verstößen oder auch Beschädigungen des Geräts werden vier eigens eingestellte Sozialarbeiter bei der Bewährungshilfe des Landgerichts Frankfurt alarmiert. Am Arbeits- oder Ausbildungsplatz gibt es keine elektronische Überwachung.

Im Rahmen eines auf zwei Jahre befristeten und 780 000 Mark teuren Modellversuchs sind 36 Geräte angeschafft worden, die ausschließlich im Frankfurter Amtsgerichtsbezirk eingesetzt werden sollen. Die Probanden sollen die Fessel höchstens sechs Monate lang tragen und danach in die herkömmliche Bewährungshilfe kommen.

Nach Auffassung der Freiburger Max-Planck-Wissenschaftlerin Rita Haverkamp kann die elektronische Überwachung als Bindeglied zwischen der Strafaussetzung auf Bewährung und der Gefängnisstrafe fungieren. Am besten geeignet sind nach Experten-Auffassung sozial integrierte Täter. In Schweden werden die Fesseln vor allem ansonsten unbescholtenen Alkoholsündern im Straßenverkehr verpasst.

Mit der wissenschaftlichen Begleitung wurde das Max-Planck- Institut für ausländisches und internationales Strafrecht beauftragt. Die Freiburger Forscher wollen dazu die beteiligten Juristen, die Überwachten und ihre Familien befragen. Die Ergebnisse sollen mit denen von Kontrollgruppen aus anderen Gerichtsbezirken verglichen werden. Wichtigste Frage sei, ob mit der Fessel tatsächlich Strafhaft vermieden werden könnte, sagte der Max-Planck-Forscher Professor Hans-Jörg Albrecht.

In einer Vorstudie hat das Institut deutsche und schwedische Vollzugspraktiker befragt. Danach halten mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der befragten deutschen Juristen und Bewährungshelfer die Anwendung der Fessel für denkbar oder sogar wünschenswert. Als wichtige Ziele nannten 82 Prozent der Befürworter die Vermeidung von Freiheitsentzug. Außerdem könne die Überbelegung der Gefängnisse verringert und Kosten eingespart werden. Die Frankfurter Bewährungshelfer haben eingewendet, dass die Teilnehmer auch ohne Hilfe der Fessel überwacht und betreut werden könnten.

(RPO Archiv)
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