Düsseldorf Franka Potente überrascht mit Romandebüt

Düsseldorf · Die Schauspielerin verwebt in "Allmählich wird es Tag" die Finanzkrise mit der Lebenswelt der US-Mittelklasse.

Ihr Buch spielt da, wo sie sich inzwischen bestens auskennt, besser vielleicht als Lola in Berlin. Lola aus "Lola rennt" ist die Figur, die Franka Potente Ende der 90er Jahre berühmt gemacht hat. Doch seit einigen Jahren lebt die Schauspielerin in Los Angeles, mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann Derek Richardson, der ebenfalls Schauspieler ist. Und in L.A. siedelt sie auch die Geschichte ihres ersten Romans an. Amerika sei jetzt ihre Heimat, von dort wolle sie nicht mehr weg. Ihre Kinder lernen nur Englisch, kein Deutsch, weil ihr das auf Dauer zu anstrengend sei.

Franka Potente wird in diesem Jahr 40 – einen Roman zu schreiben, das habe ihr noch gefehlt. Es sei eines der unerfüllten Dinge von ihrer Liste gewesen. Jetzt kann die mehrfache Filmpreisträgerin ein Häkchen dahinter machen: In dieser Woche ist ihr erster Roman erschienen. "Allmählich wird es Tag" ist weder Krimi noch Frauenbuch. Es ist die Geschichte eines Mannes in den späten Vierzigern, der plötzlich seinen Job und seine Ehefrau verliert und in einen Sumpf aus Alkohol und Drogen gerät. Von seinem früheren Leben als Banker erkennt er nur noch Bruchteile wieder – wie "der trockene Pool, dessen Boden jetzt mit einem riesigen Berg verkohlter Gegenstände und Ruß bedeckt ist, kein Türkis mehr zu sehen". Potente verwebt die Folgen der Finanzkrise mit der Lebenswelt der amerikanischen Mittelklasse. "Wie ein gefällter Baum lag er da" – das ist die erste Beschreibung von Protagonist Tim Wilkins, der aber nicht tot ist, sondern nur schrecklich betrunken. Nach und nach erfährt der Leser, was alles schiefgegangen ist im Leben des früheren Erfolgsmanns, dass er seine Frau geschlagen und sich mit seinen Freunden zerstritten hat.

Nicht nur rennen kann Franka Potente, sie vermag auch zu schreiben: gefühlvoll, teilweise sogar poetisch. Es sind die verletzlichen, gebrochenen Männertypen, in die sich die gebürtige Münsteranerin hervorragend einfühlen kann. Alle paar Minuten flucht Tom Wilkins und stößt ein kurzes, herzhaftes "Fuck" hervor.

Es ist nicht Potentes erstes Buch, die bereits die Erzählungen "Zehn" (2010), das Brieftagebuch "Berlin – Los Angeles" (2005) und ein Fitnessbuch veröffentlicht hat. Aber es ist ihr erster Roman.

Beruflich bleiben die USA allerdings eine Herausforderung für Franka Potente, eine Filmrolle hat sie gerade nicht. Seit ihren großen deutschen Filmen "Elementarteilchen" und "Der Krieger und die Kaiserin" und ihrem Durchbruch in Hollywood – der "Bourne Identität" mit Matt Damon und "Blow" mit Johnny Depp – sind einige Jahre vergangen. In den USA drehte sie seit ihrer Rückkehr 2009 aus Berlin vor allem Serien. Ihren Ehemann lernte sie bei den Dreharbeiten zu Folgen von "Dr. House" kennen.

In erster Linie ist Franka Potente momentan Mama. Sie genieße es, in Kalifornien eine Mutter unter vielen Kindergartenmamis zu sein, und übe vor allem das Überleben mit kleinen Kindern, sagte sie in einem Interview. Anfangs hatte die Westfälin mit ihrer neuen Wahlheimat gefremdelt. Aber Heimat sei da, wo der Mensch ist, den man liebt, betonte sie. Freiheit und Gelassenheit finde sie vor allem beim Schreiben. Es soll nicht bei diesem einen Roman bleiben.

(RP)
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