Mit einem Pfeil niedergestreckt Forscher: "Ötzi" wurde ermordet

Bozen (rpo). Das ist ein Fall für die Steinzeitkomissare: Der Gletschermann wurde vor mehr als 5000 Jahren von hinten mit einem Pfeil niedergestreckt. Dem Mord auf die Spur kamen Wissenschaftler in Bozen.

Ein Feind war ihm auf den Fersen. Damit ist das größte Geheimnis - wie starb der „Urtiroler“? - gelüftet. „Mord im Gletscher“, titelte das italienische Fernsehen. „Die Geschichte Ötzis muss in Teilen neu geschrieben werden“, sagte der Bozener Pathologe Prof. Eduard Egarter. „Und viele bislang offene Fragen können jetzt beantwortet werden.“ Nun sei es möglich, Ötzis Rolle in der damaligen Gesellschaft besser zu beschreiben und seine letzten Stunden zu rekonstruieren.

Der Radiologe Prof. Paul Gostner erläuterte, die Pfeilspitze sei unter der linken rpt linken Schulter Ötzis gefunden worden. Röntgenuntersuchungen brachten die Wahrheit ans Licht: Der Fremdkörper ist 21 Millimeter lang und 17 Millimeter breit. Per Computer-Tomographie sei am linken Schulterblatt ein etwa zwei Zentimeter großes Loch entdeckt worden. „Es könnte das Einschussloch gewesen sein.“

Name rührt vom Fundort her

„Die Daten erlauben mit Sicherheit zu sagen, dass der Mann, der aus dem Eis kam, am Rücken von einem Pfeil getroffen wurde“, sagte Egarter. Die 1991 von Bergwanderern aus Nürnberg gefundene Mumie wird in einem eigens errichteten Museum in Bozen aufbewahrt. Sie ist eine Besucherattraktion und ein millionenschweres internationales Forschungsobjekt. Der Name der Eismumie rührt vom Fundort her, einem Gletschergebiet in den Ötztaler Alpen.

„Frozen Fritz“, wie die Briten den Gletschermann nennen, werden magische Kräfte nachgesagt. Angeblich lastet ein Fluch auf ihm. Mehrere Menschen, die mit ihm in Berührung kamen, sollen verunglückt sein. Selten hat ein Corpus so den Wissensdurst der Fachleute angestachelt und die Fantasie der Menschen beflügelt.

Doch noch ist relativ wenig bekannt: Ganz sicher war es ein Mann. Das ergab im September vergangenen Jahres eine aufwendige Aktion. Der zu Lebzeiten 1,60 Meter große und 40 Kilogramm schwere Ötzi wurde damals für die Entnahme von Gewebeproben aufgetaut.

Ötzi lebte wenig komfortabel

Noch immer ist aber nicht eindeutig geklärt, wie er lebte und woher er kam. Ein im deutschen Fernsehen gezeigter Film siedelte den Mann in einer rauen Dorfgemeinschaft in den Bergen an. Das Leben war alles andere als komfortabel: In bescheidenen Hütten, umgeben von frostigem Schnee, wilden Tieren - und unberechenbaren Dorfgenossen.

Ötzi soll um die 40 Jahre alt gewesen sein, als er starb. Sein Gesundheitszustand war bedenklich: Mehrere Rippen waren gebrochen, er litt an Gicht und hatte durch Cholesterin verkalkte Adern. Seine Lungen waren schwarz vom Rauch, den er am offenen Feuer einatmete, seine Zähne schlecht wegen des harten Brotes, das er aß.

„Die Wunde muss ziemlich schmerzhaft gewesen sein“, sagt Egarter. Der Pfeil sei fünf bis sieben Zentimeter in den Körper eingedrungen und habe nur knapp die Lunge verfehlt. „Jetzt stehen die Forscher aus aller Welt vor der schwierigen Aufgabe, die Umstände zu klären, die sozusagen zur Ermordung Ötzis geführt haben.“

(RPO Archiv)
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