Entführungsdrama von Jakob von Metzler im TV Zwischen Pflicht und Schuld

Mainz · Der gewaltsame Tod des elfjährigen Bankierssohns Jakob von Metzler erschütterte im Herbst 2002 die Öffentlichkeit. Das ZDF strahlt den sorgfältig recherchierten und dramatisch erzählten Spielfilm zu dem Fall am Montag um 20.15 Uhr aus.

 Robert Atzorn spielt in überragender Weise den stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner.

Robert Atzorn spielt in überragender Weise den stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner.

Foto: dpa, Tobias Hase

Am stärksten betroffen von dem grausamen und kaltblütigen Verbrechen waren dessen Familie und der damalige Frankfurter Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner. Um das Leben des Opfers zu retten, hatte er die Androhung von Folter angeordnet und wurde später von der Europäischen Menschrechtskommission verurteilt.

Daschners bis heute umstrittene Entscheidung steht im Zentrum der ersten fiktionalen Darstellung des Entführungsdramas "Der Fall Jakob von Metzler" von Jochen Bitzer (Buch) und Stephan Wagner (Regie).

Die Entführung selbst wird nicht gezeigt. Buch und Regie orientieren sich streng an den Fakten, doch mit packenden Bildern und großer menschlicher Anteilnahme. Jakob von Metzler war am 27. September 2002 nicht mehr von der Schule nach Hause gekommen. Gewissheit brachte der Anruf des Entführers.

Er forderte eine Million Euro und konnte bereits einen Tag nach der Geldübergabe verhaftet werden. Danach begann ein unglaublicher Nervenkrieg mit der Polizei, in dessen Zentrum der pflichtbewusste Stellvertreter des Frankfurter Polizeipräsidenten, Wolfgang Daschner, stand, überragend dargestellt von Robert Atzorn.

Der Täter, der Jura-Student Magnus Gäfgen (Johannes Allmayer), machte im Verhör widersprüchliche Aussagen. Er log ganz offensichtlich, führte die Polizei bewusst in die Irre und machte vier Tage lang keinerlei Angaben zum Verbleib und Schicksal des Jungen.

Erst als die Ermittler zum letzten Mittel griffen und ihm unmittelbaren körperlichen Zwang androhten, führte er sie zu einem Bootssteg, unter dem die Leiche versteckt war. Gäfgen hatte, wie erst im Nachhinein bekannt wurde, sein Opfer schon am Tag der Entführung erwürgt und wurde 2003 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das ZDF brachte bereits 2006 einen Dokumentarfilm über den Fall Metzler ins Programm. Der jetzt nachfolgende Spielfilm wurde nach langer Recherche unter größtmöglicher Geheimhaltung gedreht. Der Fall sei zwar juristisch geprüft und abgesichert, so das Zweite. Aber die Arbeiten sollten nicht durch die Einsprüche Betroffener verzögert werden.

Besonders wichtig für alle Beteiligten war die Unterstützung durch die Familie von Metzler. Sie war über weite Strecken in die Gestaltung des Stoffes integriert und stellte auch ihr Haus für die Außenaufnahmen zur Verfügung.

Der Autor Jochen Bitzer erlebte Magnus Gäfgen wiederholt in den Verhandlungen. Er habe bewusst darauf verzichtet, ihn selbst zu treffen, erzählt er. Doch er habe sein Buch gelesen und es als außerordentlich unangenehm empfunden. Auch Robert Atzorn zog es vor, Distanz zu wahren und sein Rollenvorbild Daschner vor den Dreharbeiten nicht kennenzulernen. Die Figur, die er spiele, sei von einer inneren Wahrheit getragen, ergänzt Regisseur Stephan Wagner, so dass der persönliche Eindruck oftmals störe.

Der Film von Stephan Wagner ("In Sachen Kaminski") und Jochen Bitzer, der zuletzt das Drehbuch zur filmischen Kohl-Biografie "Der Mann aus der Pfalz" schrieb, stellt die verheerende Güterabwägung zwischen Moral und Schuld in den Vordergrund.

Er schildert packend das ausweglose Dilemma zwischen Einhaltung von Menschenrechten des Täters und dem Wunsch, das Opfer zu retten, in das jeder geraten kann, der zum Entscheidungsträger in einer solchen Frage wird. So gelingt den Autoren ein verstörender Film, der unter die Haut geht, obwohl Präzision und Faktentreue die Hauptrolle spielen.

"Der Fall Jakob von Metzler". Drama von Jochen Bitzer (Buch) und Stephan Wagner (Regie). ZDF, Mo 24.9., 20.15 - 21.45 Uhr.

(KNA)
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