Wiener Fall „Wahre Lügen“ Ein „Tatort“ voller Jubiläen

Wien · Die Wiener Ermittler haben dreifachen Grund zum Feiern. Der Fall „Wahre Lügen“ führt in die Vergangenheit. Der Mix aus Humor, Ermittlung und politischem Hintergrund stimmt auch diesmal.

 Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) müssen zum Wolfgangsee, in dem ein Auto samt Leiche gefunden wurde.

Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) müssen zum Wolfgangsee, in dem ein Auto samt Leiche gefunden wurde.

Foto: ARD Degeto/ORF/Cult Film/Petro D/Bild: ARD Degeto/ORF/Cult Film/Petro Domenigg"

Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) hat einen Knick in der Optik. Denn beim Schießtraining gelingt es ihm nicht, auch nur einen Schuss auf dem Trefferfeld zu platzieren. „Wie viele Jahre hast du noch?“, fragt die Trainerin süffisant. Seine Partnerin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) macht es auch nicht viel besser: Ihre Hände zittern, seit einiger Zeit kämpft sie wieder gegen ihre Alkoholsucht. „Von deinen Schießkünsten will ich nicht abhängig sein“ –  „Ich von deinen aber auch nicht“, frotzeln die Kollegen. Willkommen in Wien!

Die beiden Ermittler müssen in ihrem neuen Fall wieder fest zusammenhalten. Eine Journalistin wird erschossen aus einem im Wolfgangsee versenkten Auto gezogen. Sie recherchierte, so berichtet es später ihre Lebensgefährtin, in einem Geflecht von Waffenhandel und Korruption. Eisner und Fellner bekommen deshalb schnell Besuch von der Generaldirektion für Innere Sicherheit, die die Ermittlungen der beiden torpediert. Selbst ihr Chef Ernst Rauter kann diesmal nichts für sie tun.

Für die Fans von Eisner und Fellner ist es deshalb fast herzerwärmend zu sehen, wie die beiden nach all ihren Problemen in den vergangenen Folgen unter dem äußeren Druck wieder zueinander stehen. Besonders Bibi Fellner bekommt vom Kollegen endlich den Zuspruch, den sie benötigt. Sie ist wieder rückfällig geworden, der Alkohol als großer Verführer fordert all ihre Disziplin. Eisner merkt, was mit ihr los ist, bringt sie heim, „damit sie keinen Scheiß macht“ und bietet seine Hilfe an. „Ich kann mir nur selbst helfen“, entgegnet sie. Indem sie zum Beispiel daran denkt, was der Alkohol mit ihr anrichtet: Dass sie besoffen an der Bar Selbstgespräche führt, volltrunken im Hausflur liegt oder morgens neben einem Säufer in ihrem Bett aufwacht, an dessen Namen sie sich noch nicht mal erinnern kann. Neuhauser hat für sich mit der starken und doch verletzlichen Bibi eine Traumrolle gefunden.

Die Fälle aus Wien gehören immer zu den Höhepunkten der „Tatort“­-Reihe – das ist bei „Wahre Lügen“ nicht anders. Der Mix aus Humor, Ermittlung und politischem Hintergrund stimmt auch diesmal. Das Ende ist überraschend, und – das sei schon verraten – nicht jedes Teil der Ermittlungen purzelt nach 90 Minuten wie durch ein Wunder an seinen Platz. Der Zuschauer kann das vertragen und akzeptiert das eher als eine Hopplahopp-Lösung auf den letzten Drücker.

Die Folge ist für das österreichische „Tatort“-Team ein dreifacher Grund zum Feiern. Harald Krassnitzer debütierte vor 20 Jahren als Ermittler, für seine Partnerin Bibi Fellner ist es der 20. Fall, und am 17. Januar wird Adele Neuhauser 60 Jahre alt. „Ich glaube, wir werden aus lauter Räuschen nicht mehr herauskommen“, sagt Krassnitzer dazu. Für ihn selbst kam das Angebot für den Wiener „Tatort“, als die Dreharbeiten für seine Serie „Der Bergdoktor“ gerade abgeschlossen waren. Das war für ihn „eine dieser Fügungen“. „Als ich meinen ersten ,Tatort’ mit all seinen Ritualen wie dem Auge und der Musik zusammen mit meinem Namen gesehen habe, ist mir klar geworden, in welchem Club ich gelandet bin“, so erinnert er sich. „Und dann war ich schon sehr euphorisch.“

„Tatort – Wahre Lügen“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

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